Namen & Neues
Kostenlos Lastenräder ausleihen
Veröffentlicht am 23.04.2018 von Robert Klages
Ab Juni kann man bei dem Projekt „fLotte-kommunal“ an zehn Standorten in Lichtenberg Lastenräder ausleihen. Das Pilotprojekt läuft erstmal 28 Monate (bis Oktober 2020). Alles kostenlos, denn „fLotte-kommunal“ möchte für Lastenräder und den Umstieg vom Auto aufs Rad werben. Ziel des Projekts ist es, Lastenfahrräder für kleine und mittlere Strecken für alle Bewohner*innen zugänglich zu machen. Durch leicht zugängliche klimaverträgliche Mobilitätsangebote soll ein Umdenken und eine neue Mobilitätskultur geschaffen werden. Wer selbst ein Lastenrad erwerben möchte, kann auf Antrag einen Zuschuss erhalten. Das Land Berlin will Neuanschaffungen im Jahr 2018 mit 200.000 Euro und im Jahr 2019 mit 500.000 Euro fördern. Ab Mai können Anträge gestellt werden (hier entlang). Wer zuerst kommt, radelt zuerst.
Laut einer Studie des „Forum Freie Lastenräder“ ist das CO2-Einsparpotential enorm und laut einer Umfrage des Forums wären viele Menschen bereit, ein Lastenrad anstelle eines Autos zu nutzen, wenn ihnen dieses gut zugänglich sein würde. 800 Kilogramm CO2 können pro Jahr eingespart werden, wenn täglich 20 km mit einem Lastenrad gefahren werden, anstatt den PKW zu nutzen. Mit dem Lastenrad lassen sich übrigens nicht nur Bierkästen und Pakete transportieren. Auch der Kindertransport (bis 6 Jahre) sei erlaubt, sagt Thomas Büermann vom Allgemeinen Deutscher Fahrradclub (ADFC) und Projektleiter von „fLotte“. Auch ohne Anschnallen sei es erlaubt, sagt er, als ich ungläubig nachfrage. Trotzdem werden die Leihlastenräder mit kleinen Sitzen und Anschnallgurt ausgestattet sein. Die Ausleihe wird auf drei Tage beschränkt sein.
Die Standorte stehen noch nicht fest, aber es werden kommunale Orte sein: Bibliotheken, Kitas, Stadtteilzentren etc. Vielleicht auch Bio-Läden. Möbelhäuser aber eher nicht. (Zusammenhang siehe Intro.) Der Ikea in Spandau würde Lastenräder vermieten, erzählt Büermann. Es würde dort allerdings kaum genutzt. Denn um das Rad zurück zum Möbelhaus bringen, kommt man auf vier Wege: Zuhause→Ikea→ Zuhause→ Ikea→ Zuhause. Viel eher sollte das Lastenrad direkt vor der Wohnungstür ausgeliehen werden können, überzeugt er mich. „Wohnen leitet Mobilität – Geteilte Räder am Wohnstandort“ ist ja der Titel des Projekts.
Lichtenberg und Spandau haben als Modellbezirke außerhalb des S-Bahnrings einen Nutzungsvertrag mit dem ADFC Berlin geschlossen. Dieser wartet, repariert und versichert die Räder. Sollten die öffentlichen Einrichtungen eine Fahrradgarage aufstellen wollen, wird dies durch das jeweilige Bezirksamt organisiert. Hierfür stehen beiden Bezirken maximal 20.000 Euro zur Verfügung. Insgesamt investierten die Bezirke 120.500 Euro für das Projekt. Der ADFC will sich anschließend mit dem Projekt um den deutschen Klimaschutzpreis 2019 bewerben. Lastenfahrräder seien für ein Sharingangebot sehr gut geeignet. Sie würden eher sporadisch und zu ausgewählten Zwecken genutzt, seien noch nicht günstig in der Anschaffung und die Abstellflächen seien begrenzt – vor allem diebstahlsichere in der Nacht. (Wo in Berlin am häufigsten Fahrräder geklaut werden, sehen Sie hier.)
„Wenn alle ein Lastenrad hätten, würde es die gleichen Parkplatzprobleme wie bei Autos geben“, meint Büermann. „80 Prozent der Wege entstehen vor der Haustür. Und wenn da ein Fahrrad steht, wird dieses genommen.“ Wohnungsbaugesellschaften sollen davon überzeugt werden, ihre Häuser fahrradkompatibel zu bauen: kein beschwerlicher Fahrradkeller, sondern ein übersichtlicher und sicherer Raum für Leihräder oder eigene Fahrräder.
„Wie kann man das Verkehrsverhalten ändern?“, ist die Frage. Es geht dabei nicht nur ums Fahrrad, sondern auch um ÖPNV und E-Auto-Sharing. Büermann wirbt für „Push and Pull Faktoren“, um die Leute weg vom Auto zu bekommen. Einerseits Baumaßnahmen: Das Rad, der ÖPNV und das E-Auto müssen leicht zu erreichen sein und besser in das Stadtgeflecht integriert werden. Andererseits sollten die Strafen für beispielsweise Falschparken erhöht werden. In Frankreich oder der Schweiz seien diese Bußgelder schon so hoch, dass sich niemand mehr trauen würde, einen Radweg zuzuparken. In Berlin hingegen seien die Strafen sehr niedrig, wenn es überhaupt welche gibt. Auch die Tagesspiegel „Causa“-Debatte „Zu viele Autos in der Stadt?“ behandelt die Frage, wie Mobilität in der Stadt für alle fair gelöst werden kann.