Namen & Neues
Die Gedenkstätte Hohenschönhausen und ihre gespielte Neutralität
Veröffentlicht am 13.08.2018 von Robert Klages
Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen ist immer wieder in den Schlagzeilen. Nun möchte Leiter Hubertus Knabe „Berichte“ zurückweisen, die die Gedenkstätte in AfD-Nähe rücken würden. Hier nur ein Beispiel. „Als Stiftung öffentlichen Rechts sind wir weder für noch gegen eine Partei, sondern allein unserem gesetzlichen Auftrag verpflichtet. Und der lautet, über das System der politischen Justiz in der DDR zu informieren und zur kritischen Auseinandersetzung mit der kommunistischen Diktatur und deren Folgen anzuregen“, so Knabe.
Kritik an der AfD: keine. Kritik an anderen Parteien hingegen äußert Knabe immer mal wieder. Über die Linke hat er ein ganzes Buch geschrieben. Da geht es darum, ob Mitglieder der Linken nicht viel mehr sind als „Honeckers Erben“, so der Titel. Mag sein, dass Knabe hier seinem selbsterteilten Auftrag gerecht wird, „zur kritischen Auseinandersetzung mit der kommunistischen Diktatur und deren Folgen“ anzuregen. Aber nach so einem Buch kann er wohl kaum noch „weder für oder gegen“ die Linke sein.
„Das Problem ist, dass Knabe den Parteigängern der Linken auch 20 Jahre nach der Wende noch pauschal abspricht, sich möglicherweise demokratisiert zu haben“, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ über das Buch.
Nun ist ja nicht gleich rechts, wer gegen links ist. Auf Twitter retweetet Knabe gerne mal Kritik an den Linken, von Jan Fleischauer oder Ulf Poschardt bespielsweise. Und das ist Ok. Nur widerspricht es der obigen selbstauferlegten Parteiobjektivität des „weder für noch gegen“. Auch wenn Knabe auf Twitter schreibt: „hier privat. Retweets bedeuten keine Zustimmung.“ Da steht auch, dass er der Leiter der Gedenkstätte ist.
Knabe schreibt weiter, „einzelne Journalisten“, und ich bin übrigens nicht gemeint, würden durch „irreführende Überschriften und die Vermischung der Gedenkstätte mit einem privaten Verein“ versuchen, den Eindruck der AfD-Nähe zu erwecken.
Also hier nochmal ganz klar: Die Gedenkstätte Hohenschönhausen und deren Förderverein sind zwei verschiedene Angelegenheiten. Ist schwer zu glauben, ich weiß. Aber Knabe hat bereits im Juni die Zusammenarbeit mit dem Förderverein ausgesetzt.
Der Stiftungsratsvorsitzende ist übrigens ein Linker: Kultursenator Klaus Lederer. Kritik an diesem äußert Knabe sehr gerne, und klar, da geht es auch wieder um die Stasi.
Von seinem Mitarbeitern erwartet Knabe „parteipolitische Neutralität“. Wenn nicht, drohen Verwarnungen. Diese habe es beispielsweise gegeben, als ein Besucherreferent mit einem T-Shirt „FCK AFD” zur Führung erschienen sei. Und diese gab es auch, als der Gedenkstättenführer Siegmar Faust in Interviews Sympathie für die AfD durchblicken ließ. Hier betont Knabe aber nun, dass dieser eben nicht „wegen seiner politischen Einstellung“ entlassen wurde, „sondern weil er ohne Erlaubnis auf dem Gelände der Gedenkstätte nach einer Führung ein fragwürdiges Interview zu stiftungsfremden Themen gegeben hat“.
Die „Taz“ wirft Knabe Geschichtsrevisionismus vor. In seinem Kommentar kritisiert Erik Peter zudem, die Gedenkstätte erhalte viel Geld um gegen „Linksextremismus“ vorzugehen. Auch Peter vermischt Gedenkstätte und Förderverein. Und er stellt Knabe eher in Verbindung mit der CDU, nicht der AfD. Auch der „Spiegel“ hat sich des Themas angenommen, mit einem interessanten Artikel in dem auch Whatsapp-Chatverläufe der Beteiligten wiedergegeben werden. Hier erfahren wir auch, das der Berliner AfD-Chef Georg Pazderski sich selbst als „passives Mitglied“ des Fördervereins bezeichnet. Weiter dazu äußern wollte er sich nicht.
Knabe sagte, der Förderverein schade der Gedenkstätte derzeit mehr, als er sie unterstütze. Er bringt auch die Gründung eines neuen Vereins ins Spiel. Der umstrittene Jörg Kirscher wird wohl nicht erneut als Vorsitzender antreten.
Die Gedenkstätte kündigte nun an, „Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ zum Gegenstand ihrer Veranstaltungsarbeit machen zu wollen. Es soll allerdings gefragt werden, „ob es einen Zusammenhang zwischen 40 Jahren SED-Diktatur und antidemokratischen Einstellungen in der Gegenwart gibt“. Zudem sollen Opfer politischer Verfolgung in der DDR zu Wort kommen, „die von einigen Medien pauschal in die rechtsextreme Ecke gestellt werden“.