Namen & Neues
Neues zum Ostkreuz: wohl kein Hotel und keine Padovicz-Eigentumswohnungen - keine Toillette für die Obdachlosen
Veröffentlicht am 17.12.2018 von Robert Klages
Hoho … nun schreiben die Investor*innen der Rummelsburger Bucht/ Ostkreuz direkt an die Politiker*innen aus Lichtenberg. Sie stellen sich selbst Fragen und geben Antworten, wollen mit angeblichen Missverständnissen aufräumen. Haben Angst, dass der Bebauungsplan abgelehnt wird. Ist natürlich auch eine Art der Einflussnahme auf die Politik. Das Schreiben kann hier gelesen werden.
Sie schreiben auch, die Verträge seien ohnehin gültig, auch ohne Beschluss der Politik. Was nicht stimmt, wurde mir mehrfach so versichert von verschiedenen Seiten. Denn wenn es stimmen sollte: Warum stimmt die Politik dann darüber ab? Aber es ist auch ein Kampf um Fakten. Es ist ein Dokument für die Geschichtsbücher des Bezirks. Bitte gut aufheben.
Die Immobiliengruppe Padovicz will wohl keine Eigentumswohnungen bauen. Hört hört. Davon sprach sogar Bezirksbürger*innenmeister Michael Grunst (Linke). Also muss doch was dran gewesen sein. Aber wenn die Investor*innen nun selbst den Bebauungsplan sozialer gestalten, kann es ja auch nicht schaden.
Das Bezirksamt hat ein Verfahren eingeleitet. Es soll geprüft werden, wie viele der Wohnungen in der Hauptstraße 1 seit mehr als einem Jahr unbewohnt sind und ob die Mietverträge der Padovicz-Mieter*innen zum Jahresende auslaufen (da sollte man sich beeilen). Grunst hat am Donnerstag auf der BVV zugesagt, beim Senat nach den Mietverträgen zu fragen, die zwischen diesem und Padovicz vorliegen. Das Rechtsamt müsse die Herausgabe der Verträge prüfen. Laut Claudia Engelmann von den Linken ist es möglich, diese Verträge zu bekommen und der BVV vor der Abstimmung über den B-Plan zukommen zu lassen.
Die Investor*innen schreiben vom „Rückschritt in favelahafte Zustände“, der derzeit am Ostkreuz herrsche. Durch die Obdachlosen und die Besetzung des Freibeuter-Schiffes.
Unterschriftenliste gegen die Bebauung: Gleichzeitig mit dem Schreiben der Investor*innen kam das Zwischenergebnis der Umfrage rein, die Gegner*innen des Bebauungsplans gemacht haben. Die 34.158 Unterschriften gegen Coral World und Co. wurden am Donnerstag den Politiker*innen aus Lichtenberg übergeben. 64% der Unterschriften kamen aus Berlin. Zur Kampagne „Rummelsburger Bucht retten“.
Die Unterzeichner*innen des Appells protestieren dagegen, dass an der Bucht weder ausreichend günstiger Wohnraum noch eine Schule oder Freiräume geplant sind, sondern „Luxuswohnungen und Angebote für Touristen“.
„Wir wohnen hier“, sagt die 30-jährige Mitinitiatorin Laura Müller. „Für uns ist das Areal an der Rummelsburger Bucht mehr als nur eine Investmentfläche. Es ist Lebensraum. Stadtplanung gehört nicht ins Hinterzimmer – sie geht uns alle etwas an. Was wir brauchen, sind eine Schule und sozialer Wohnraum, Raum zum Leben eben – sicherlich kein Aquarium.“
Besonders verärgert die B-Plan-Gegner*innen, dass die Kulturstätte „Rummels Bucht“ und drei Altbauten mit günstigen Wohnungen abgerissen werden sollen und dass es keine glaubwürdige Planung für die Grundschule gibt.
„Investoren müssen sich danach richten, dass Wohnungen entstehen müssen“, meinte Grunst am Donnerstag. Kevin Hönicke, Fraktionsvorsitzender der SPD meinte, auf dem Gebiet sei es jedoch nicht uneingeschränkt möglich, Wohnungen zu bauen, beziehungsweise sehr teuer, da die Häuser hohe umwelttechnische Auflagen zu erfüllen hätten (Dämmung, Belüftung, Klima), wenn sie direkt am Wasser gebaut würden. Er betonte nochmal die bisherige Beschlusslage der BVV, der B-Plan sei ohne Gegenstimmen beschlossen worden.
Doch Zeiten ändern Baupläne, findet Norman Wolf, Fraktionsvorsitzender der Linken. Seit dem letzten BVV-Beschluss zu dem B-Plan habe sich vieles verändert – sozialer Wohnraum sei wichtiger geworden. Am 12. Januar 2019 sollte eigentlich ein Entwurf der Bebauungsplans der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Das Bezirksamt wird die Veranstaltung wohl absagen. Die Sicherheit könnte nicht gewährleistet werden, heißt es. Eine Bestätigung dazu gab es noch nicht – aber auch kein Dementi. Auf meine Frage, ob die Veranstaltung stattfinden werde, konnte mir das Bezirksamt am Montag keine konkrete Antwort geben. Zum einen hatten Eltern, die in dem Gebiet eine Schule und eine Kita fordern, Proteste angekündigt – zum anderen eine Gruppe von Bebauungsgegner*innen.
Einige Anwohnende beschweren sich über die Zustände am Ufer. So zum Beispiel Christoph Schulte. Derzeit sei es vor Ort leider sehr verwahrlost, eine Bebauung könnte Abhilfe schaffen, schrieb er mir. Er sowie einige andere Anwohner*innen seien in Sorge, dass die Bebauung erneut aufgeschoben werden muss und es erneut Jahre dauern könnte, bis sich etwas an der Situation ändere. Andere schrieben mir, aufgrund der Obdachlosen und der dunklen Straßen würden sie sich um ihre Kinder sorgen und ließen diese den Weg abends nicht mehr langgehen. Sei fordern eine bessere Uferbeleuchtung.
Schulte ist es leid, dass sich die Öffentlichkeit in das Verfahren einmischt: „Im Grunde bin ich recht froh darüber, nicht mitreden zu können, denn ich fürchte, dass dann, wenn immer und überall alle (ja, ich übertreibe) gefragt würden, ein ziemlicher Stillstand drohte.“ Er begrüßt auch Coral World: „Warum sollen an der Rummelsburger Bucht nur Wohnungen, Schulen und Büros entstehen und nicht (auch) etwas Besonderes an einem besonderen Ort in der Stadt?“ Da biete der Alternativvorschlag recht wenig, meint er. Auf meine Frage, wie oft er denn wohl in Coral World gehen würde, konnte er nicht sagen. Das hänge davon ab, wie es der Familie dort gefalle.
Weniger Bürger*innenbeteiligung gewünscht? Laut Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, soll es allerdings mehr werden. R2G habe sich vorgenommen, „die Macht umzuverteilen“, schrieb mir Gennburg. Eine öffentliche Planungswerkstatt wie am Haus der Statistik sei auch für die Bucht „eigentlich die konsequenteste politische Antwort von links“. Ja, sag ich doch.
„Gemeinwohl first“, schreibt Gennburg. Mit den Menschen – und nicht die Investor*innen bedienen. Diese seien, wie die Immobiliengruppe Padovicz auch noch in dubiose Finanzkonstrukte verwickelt und würden reine Anlageobjekte planen.
Harte Kritik von Gennburg an der SPD in einem Satz: „Es ist bemerkenswert, dass die Lichtenberger SPD in einer Zeit, als Innensenator Andreas Geisel noch Bürgermeister und noch nicht Stadtentwicklungssenator war, einen Beschluss gefasst hat, der konträr zu den jetzt von der Bezirks-SPD, insbesondere der SPD-Stadträtin Birgit Monteiro, verteidigten Plänen steht und ja doch eigentlich den Nagel auf den Kopf trifft: wir brauchen eine gemeinwohlorientierte Entwicklung von der Mole über die Stralauer Halbinsel bis zum Spreepark, damit die Spree Gemeingut bleibt und nicht zum Luxusbodden Berlins wird!“
Was wird aus den Obdachlosenlagern? Das Lager mit den Zelten wurde bereits eingezäunt. Die Situation soll aufgelöst werden. Zunächst war von einer angekündigten Räumung am Donnerstag die Rede, diese wird jedoch nicht stattfinden, so die Linken.
Toiletten und einen Müllplatz für die Obdachlosen wird der Bezirk Lichtenberg nicht aufstellen. Begründung: „Das Bezirksamt hat kein Interesse daran, dass sich diese menschenunwürdigen Zustände, die sich vor Ort etabliert haben, verfestigen. Insofern werden wir unsere Energie darauf verwenden, den vor Ort lebenden Menschen Alternativangebote zu unterbreiten“, so Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke).
Obdachlose kommen zu Wort: Mein Kollege Paul Lufter hat sich am Wochenende mit den Obdachlosen und den Besetzer*innen des Schiffes getroffen. Er berichtet, den Menschen gehe es auch darum, in Ruhe gelassen zu werden und selbstbestimmt über ihr Leben entscheiden zu können. Einige von ihnen würden Hilfsangebote annehmen, andere eher nicht. Was sagen Obdachlose sonst zur Situation? Hier unseren Artikel lesen.
„Wir brauchen angesichts der Temperaturen und der nicht haltbaren Zustände vor Ort, eine schnelle Lösung“, schreibt Grunst. Das Bezirksamt habe entschieden, dass der Tagestreff am Bahnhof Lichtenberg ab Januar sieben und nicht mehr nur fünf Tage in der Woche öffne.
Auch auf der Xhainer Seeseite wird diskutiert. Die dortige Umwelstadträtin Clara Herrmann (Grüne) antwortete nun auf ein Schreiben der Bootsbewohner*innen. Beides hier nachzulesen.
Herrmann schreibt der See sei ein „Beschwerde Hot Spot“. Viele der Boote würden den See verunreinigen und Umweltschutzaspekte nicht beachten. An manchen Stellen soll ein Anlegeverbot geprüft werden. Eine nicht-kommerzielle Nutzung des Sees sei nicht ausgeschlossen, jedoch müssten Genehmigungen eingeholt werden. Eine Bebauung des Wassers sei jedoch nicht gewünscht. Herrmann sieht keinen Grund, die Bürger*innen erneut an der Konzeptentwicklung für den See zu beteiligen.
Puh, dieses Ostkreuz/ Rummelsburger See. Es war auch bei der letzten BVV das Hauptthema. Zum Schluss noch ein wichtiger Punkt, der nicht vergessen werden sollte: Der See ist vergiftet.