Namen & Neues
Besetztes Gebiet: An der Rummelsburger Bucht entsteht eine zweite Cuvry-Brache
Veröffentlicht am 03.06.2019 von Robert Klages
Kenn ihr noch die Cuvry-Brache in Kreuzberg? Das war einst einer der schönsten Orte von Berlin. Frei, selbstbestimmt, chaotisch – offen für Besuch. „Berlins Favela“, wie der Tagesspiegel 2014 schrieb, wurde geräumt, mittlerweile werden Bürogebäude errichtet. Wer einzieht, ist aber unklar: Online-Händler Zalando kündigte 2018 seinen Mietvertrag.
Eine neue, etwas kleinere, Cuvry-Brache könnte gerade an der Rummelsburger Bucht entstehen. Eine Wagengruppe namens „DieselA“ hat ein Teilgebiet besetzt. Hier mein Bericht von vor Ort zu Beginn der Besetzung. Die Fläche ist offiziell noch Landesbesitz. Damit unterliegt sie der Zuständigkeit der von Katrin Lompscher (Linke) geführten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. „Es gab ganz klar die Ansage, dass nicht geräumt wird“, teilte eine Pressesprecherin der Senatsverwaltung der taz am Dienstag mit.
Das besetzte Grundstück wurde 2017 vom Land an die Investa GmbH verkauft, die Verträge wurden aber erst rechtskräftig, als der Bebauungsplan nach vielen Verzögerungen beschlossen worden ist. Laut Senatsverwaltung ist die Grundstücksübertragung bis spätestens Anfang Juli abgeschlossen, wie die taz schreibt. Die Immobiliengruppe will hier vor allem höherpreisige Wohnungen errichten, hat aber in Verhandlungen mit dem Senat einen Anteil von 25 Prozent mietpreisgebundenen Wohnungen zugesagt.
Die Besetzer*innen wollen alternativen Wohnraum schaffen und die Nutzung der Rummelsburger Bucht entgegen der aktuellen Bebauungspläne für unterschiedliche Menschen erhalten. Das Gelände soll als Wagenplatz und „Community Space“ genutzt werden. Ein Dialog mit der Senatsverwaltung werde angestrebt.
Zudem soll es einen Kiez-Raum unter dem Motto „Bucht für Alle“ geben. Dieser soll ein Ort für Austausch und Selbstorganisierung sein. Hierbei können Ideen zur Gestaltung der Bucht und Erhaltung der Biotope generiert werden und beispielsweise „Urban Gardening“ Projekte realisiert werden. Der „Community Space“ soll gemeinschaftlich wachsen und gleichzeitig einen Raum für den Protest gegen den Bebauungsplan Ostkreuz eröffnen. Letzte Woche war Einweihungsfeier.
Ein Teil des Gebietes soll zum „Wider-Strand“ werden. „Ein Ort, an dem wir unseren Widerstand gegen die Bebauung der Bucht entwickeln und gemeinschaftlich Ideen für die Bucht sammeln und umsetzen“, schreiben die Besetzer*innen. „Kommt vorbei, damit wir uns kennen lernen und den neu erkämpften Ort genießen und bespielen!“ Der RBB hat ein paar Anwohnende interviewt, die sich solidarisch mit der Besetzung zeigen. „Wir treffen hier niemanden, der sich Coral World wünscht.“
Nicht alle Nachbar*innen jedoch freuen sich darüber. Ein Mann schreibt mir, er sei zwar noch nicht dort gewesen, findet aber die Transparente („Baupläne ficken“) nicht besonders einladend. „Ich sehe Coral World und den Bebauungsplan auch kritisch, aber wenn er nun mal von einer Mehrheit in der BVV beschlossen wurde, akzeptiere ich das“, schreibt der Anwohner. „Das ist Demokratie. Da kann nicht jeder einfach das Recht selbst in die Hand nehmen und sich über Parlamentsbeschlüsse hinwegsetzen, weil sie ihm nicht passen.“
„Ob Coral World tatsächlich kommt, hängt eventuell noch an der Finanzierung“, heißt es im Beitrag des RBB. Das Unternehmen lässt sich derzeit von „Berlin Partners“ beraten, ob es Landesmittel erhalten könnte. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) kann sich Coral World gut vorstellen: „So ein Vorhaben kann ein interessantes Projekt sein, wenn es die Belange wie Meeresschutz und Biodiversität des Wassers aufnimmt. Allerdings müssen auch die Anwohner*innen gehört und die Bedenken ernst genommen werden.“