Namen & Neues
Weiter Frust an der Friedrich-List-Schule
Veröffentlicht am 08.07.2019 von Pauline Faust
„Ein Glück dauert die Ausbildung nicht lange, sonst würde ich echt aufhören“, schreibt jemand in den Google-Bewertungen für die Friedrich-List-Schule (FLS). Mit dieser Einstellung ist der Schüler nicht allein. Letzte Woche berichteten wir über das Oberstufenzentrum in Victoriastadt (hier nachlesen). Dort wird der Ausbildungsgang Europakorrespondenz gestrichen, eine Petition für seinen Erhalt hat bereits über 200 Unterschriften. Die Begründung für die Streichung: Es hätten sich zu wenige beworben. Vor drei Jahren noch hatte die List-Schule keine Probleme den Lehrgang zu besetzten, es gab Wartelisten. Woher kommt der Schwund? Schlechte Stimmung an der Schule und ein schlechter Ruf, meint eine ehemalige Lehrkraft. Sie bestätigt, was eine Schülerin der FLS letzte Woche Robert Klages berichtete. Es gibt eine Kluft zwischen dem fremdsprachlichen Zweig und der Schule.
Dabei sind Bürokräfte, die Fremdsprachen beherrschen, gefragt. An der FLS konnte die zweijährige Ausbildung Fremdsprachassistenz bisher um die einjährige Spezialisierung Europakorrespondenz ergänzt werden. Absolventen der List-Schule arbeiten danach etwa beim Auswärtigem Amt, dem Normungsinstitut DIN oder Beraterfirmen wie „Boston Consulting“. Der Bedarf für solche Kräfte sei weiterhin vorhanden, bestätigt das Auswärtige Amt, man habe einen „kontinuierlichen hohen Bedarf“ für qualifizierte Fremdsprachenkorrespondent*innen, die dann in aller Welt arbeiten. „Auch von der Friedrich-List-Schule, kamen in der Vergangenheit viele gut qualifizierte Bewerber und Bewerberinnen“, heißt es.
60 Jahre lang hatte die Friedrich-List-Schule ihren Standort in Schönberg. Sie konzentrierte sich auf eine fremdsprachliche Ausbildung: Fremdsprachassistenz und -korrespondenz wurde gelehrt. 2016 fusionierte die FLS dann mit dem Oberstufenzentrum (OSZ) Bürowirtschaft II in Lichtenberg. Das OSZ bildet auch Bürofachkräfte aus, nur ohne die fremdsprachliche Expertise. „Doch am OSZ wollte man uns nicht haben“, sagt uns die ehemalige Lehrkraft. Die Behandlung durch die Schulleitung sei „schrecklich“. Diese habe „keine Ahnung von der Ausbildung der List“. Auch fremdsprachlich fehle Expertise: „Wenn im Sekretariat jemand aus dem Ausland anruft, müssen sie erstmal einen Schüler als Dolmetscher holen“, sagt die Lehrkraft.
Immer mehr Lehrer der alten List-Schule sollen die Schule verlassen haben: Von den über 70 Lehrkräften, seien unter 10 noch in Lichtenberg. „Viele haben es nicht ausgehalten, ich selbst auch nicht“, sagt die Lehrkraft. „Bin selber auf dem OSZ und es ist schrecklich. […] Es gehen immer mehr Lehrer von der Schule, weil die Schule einfach schrecklich ist“, schreibt eine Nutzerin in den Google-Bewertungen für die Schule dazu.
Von der zuständigen Senatsverwaltung für Bildung heißt es zu den Vorwürfen hingegen: „Die Gebäude der FLS sind in den letzten Jahren vollständig saniert worden und verfügen über eine hervorragende technische Ausstattung in Form von multimedialen Sprachlaboren sowie flexiblen Computer- und Lernfeldräumen.“ Die „fremdsprachliche Kompetenz“ sei zudem bei den „zuständigen Fachbereichsleitungen, Fachleitungen und Fachkolleg*innen gegeben“. Wenn Schüler*innen bei Simultanübersetzungen herangezogen werden, geschehe das als Teil der schulischen Ausbildung. Alles in allem sei die Fusion von FLS und OSZ erfolgreich gewesen, das Profil der Schule sei geschärft und erweitert worden. Die Abwanderung der Lehrer wurde von der Senatsverwaltung in ihrer Antwort an mich nicht bestritten.