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Leerstand, Besetzung, Leerstand: Zu Besuch in der Frankfurter Allee 187
Veröffentlicht am 17.02.2020 von Paul Lufter
Im September vergangenen Jahres hatten Aktivist*innen das leerstehende Gebäude in der Frankfurter Allee 187 besetzt. Mit der Aktion wollte sich die Gruppierung „neue Räume aneignen und einen unkommerziellen, selbstverwalteten Ort schaffen“, hieß es damals in einer Pressemitteilung. Die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), die das Gebäude verwaltet, hatte sich damals gegen eine Räumung entschieden. Stattdessen hatte die BIM das Gespräch mit den Besetzer*innen gesucht und ihnen Gespräche über eine mögliche Zwischennutzung des Gebäudes angeboten. Die Aktivist*innen hatten daraufhin freiwillig das Gebäude geräumt. Seitdem hat es zwei Treffen zwischen der BIM und den Aktivist*innen gegeben. Letztere haben inzwischen den „Verein für eine emanzipatorische Stadtpolitik“ gegründet.
„Viva la Vulva“, so steht es an einer Wand im ersten Obergeschoss in der Frankfurter Allee 187. Der feministische Kampfslogan ist wahrscheinlich ein Überbleibsel der Besetzung vom vergangenen September. Foto: Paul Lufter
Der Verein lud in der vergangenen Woche zu einer Besichtigung des Gebäudes am U-Bahnhof Magdalenenstraße ein. Der Verein will dort Veranstaltungsräume und ein Café einrichten. Auch Proberäume, Werkstätten und Ateliers soll es geben. Das Gebäude ist jedoch nicht im besten Zustand und das nicht nur aufgrund des langen Leerstands. Bereits 2016 hatte es Planungen gegeben, das Objekt umfangreich zu sanieren und als Kulturstandort zu vermieten, wie die BIM mitteilt. Damals hatte man bereits mit einer Schadstoffsanierung begonnen. Die Maßnahmen wurden jedoch abgebrochen, als absehbar wurde, dass das Objekt im Rahmen des Campus für Demokratie an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) übergeben werden soll. Diese würde das Gebäude abreißen, um dort ein Archivzentrum zu errichten.
Die Kosten für die Sanierung schätzt der Verein auf einen sechsstelligen Betrag. Das Geld dafür wollen die Aktivist*innen und die am Gebäude interessierten Initiativen durch langfristige Mietverträge einnehmen. Alle dort sind sich einig, dass das Gebäude den Ansprüchen und Vorstellungen entspricht. Auch der mitgebrachte Statiker Carsten Bechtel ist überzeugt, dass das Gebäude genutzt werden kann. „Das was ich bisher gesehen habe, macht einen ganz ordentlichen Eindruck“, sagt er. Laut BIM haben gerade die oberen Etagen des Gebäudes große Probleme mit der Statik. Dem Verein geht es jedoch nur um das Erdgeschoss und den Keller.
Aktuell sitzen die Aktivist*innen „zwischen den Stühlen“, wie einer ihrer Sprecher, Ilias Gosser, sagt. Die Gespräche mit der BIM liegen auf Eis. Grund dafür ist laut Gosser, dass die Bima jetzt doch bereits früher das Gebäude erwerben und abreißen will. „Wir bleiben aber auf unserer Linie“, sagt er. „Wir wollen das Gebäude, unabhängig vom Zustand, und auch wenn es nur zur Zwischennutzung ist.“ „Wir würden uns zur Not ein konkretes Ersatzobjekt wünschen“, ergänzt Georg Daniels, ein Sympathisant des Vereins. „Wir sind für alle Fälle bereit und erwarten ein Angebot der BIM.“ Laut einer Pressemitteilung des Vereins hat sich die Bima Gesprächen bisher verweigert, da sie das Haus noch nicht erworben habe und deshalb auch nicht über dessen Zukunft sprechen wolle.
„Richtig ist, dass die Bima derzeit keine Anmietverhandlungen mit dem Verein führen kann, weil sie nicht Eigentümerin der Gebäude ist“, teilt die Bima dem Tagesspiegel mit. Als Verwalterin des Immobilienvermögens des Landes Berlin sei die BIM für den Abschluss möglicher Anmietverträge zuständig. „Zwischennutzungen sollten im Hinblick auf eine mögliche Nutzung der Liegenschaften für den Campus der Demokratie im Rahmen der Ankaufsverhandlungen zwischen BIM und Bima abgestimmt werden“, sagt die Bima.
Die Verhandlungen zwischen BIM und Bima haben an Fahrt aufgenommen, wie Johanna Steinke, die Pressesprecherin der BIM, bestätigt. „Wir sind allerdings weiterhin bereit und offen für Konzepte für eine Zwischennutzung“, ergänzt sie. Der Verein müsse mit einem ausgearbeiteten Konzept beim zuständigen Bezirksamt einen Bauantrag zur Nutzungsänderung stellen. „Für diesen Termin haben wir der Gruppe eine Vollmacht erstellt“, sagt Steinke. Das Bezirksamt würde dann die Auflagen nennen, unter denen solch eine Nutzungsänderung erfolgen kann. Dieses Gespräch sei ihres Wissens nach jedoch noch nicht zustande gekommen.
Es mangele zudem an einem klaren Konzept, sagt Pressesprecherin Steinke. „Mit einem klaren Konzept könnte man im nächsten Schritt vielleicht sogar eine Förderung beantragen.“ Ohne dieses Konzept und das Gespräch mit dem Bezirksamt stecke man jedoch fest. Die Verhandlungen mit der Bima seien derweil konkreter geworden. „Wir haben der Gruppe deshalb mitgeteilt, dass weitere Gespräche mit uns bis auf Weiteres nichts bringen“, sagt Steinke. „Aus diesem Grund haben wir für die Gruppe einen Kontakt zur Bima hergestellt.“
Die Aktivist*innen bleiben jedoch dabei. Sie fordern den Bezirk und den Senat auf, sich gegen einen Verkauf der noch im Landesbesitz befindlichen Immobilie auszusprechen. Ende März wollen sie eine Pressekonferenz veranstalten. – Text: Paul Lufter
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