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Corona-Ausbruch in Seniorenwohnanlage: LKA ermittelt
Veröffentlicht am 04.05.2020 von Robert Klages
Es ist noch nicht vorbei. Das Virus ist noch nicht weg. Das hat sich letzte Woche in einer Wohnanlage für Senior*innen in Lichtenberg auf brutale Weise gezeigt, den dort ist es ausgebrochen. Die Einrichtung in der Rudolf-Seiffert-Straße in Fennpfuhl musste über Nacht geräumt werden, 73 Personen wurden in Krankenhäuser gebracht, ein Mensch starb. Bereits in der Woche davor waren bereits acht Senior*innen aus dem Heim ins Krankenhaus eingeliefert worden. Bei 22 Betroffenen konnte bislang das Coronavirus nachgewiesen werden.
Wer ist schuld an dem Ausbruch? Andreas Chickowsky, Leiter des Pflegedienstes, der die Anlage betreibt, hatte den Ausbruch darauf zurückgeführt, dass sich nicht alle Bewohner*innen an die Empfehlung gehalten haben, in der Anlage zu bleiben. Bei einigen habe die Einsicht gefehlt, so Chickowsky.
Bürger*innenmeister Michael Grunst (Linke) weist die Kritik entschieden zurück: „Diese Form der Schuldzuweisung“ sei nicht angebracht. „Mich haben Äußerungen irritiert, dass die Bewohnerinnen und Bewohner selbst Schuld seien“, sagte er dem Tagesspiegel. Der Ausbruch in dem Haus habe ihn erschüttert.
Es müsse gefragt werden, ob die Pflegeeinrichtungen mit ausreichend Schutzausrüstungen für Bewohner*innen und Pflegekräfte ausgestattet seien und ob diese auch genutzt würden. Laut Chickowsky habe es nicht an Schutzmaterial gemangelt.
Für die Aufsicht des Betreibers der Anlage ist, laut Bezirksamt Lichtenberg, die AOK Nord-Ost zuständig. Diese schrieb dem Tagesspiegel auf Nachfrage jedoch, man habe nicht die Aufsicht über die Einrichtung und könnte daher nicht sagen, ob es in dieser Einrichtung oder in anderen Einrichtungen des Betreibers genügend Schutzmasken gibt. Die Aufsichtspflicht liege beim Eigentümer beziehungsweise der Geschäftsführung. „Daher muss der Betreiber selbst sicherstellen, dass die nötigen Schutzmaßnahmen ergriffen werden und somit beispielsweise genügend Schutzmasken erworben oder vorrätig sind.“
Nun ermittelt das Landeskriminalamt (LKA) wegen des Verdachts der Vernachlässigung Schutzbefohlener, wie mir die Pressestelle der Polizei auf Nachfrage bestätigte.
Der Betreiber des Pflegeheims hat sechs weitere Heime im Bezirk. Die dortigen Bewohner*innen sollen alle getestet werden. Viele stationäre Pflegeheime haben längst ein fast vollständiges Besuchsverbot erlassen. In Seniorenwohnanlagen sind solche Beschränkungen allerdings sehr viel schwerer umsetzbar.
„Natürlich gilt auch in den von uns betreuten Anlagen die Empfehlung, die Bewohner derzeit möglichst nicht zu besuchen“, sagte Daniel Heide, Co-Geschäftsführer der Chickowsky GmbH. „Die meisten Angehörigen haben dafür auch Verständnis und akzeptieren das. Doch es gibt auch Unbelehrbare, die immer wieder ins Haus kommen.“ Zudem gebe es auch Bewohner*innen, die direkt von ihren Angehörigen gepflegt werden oder wo diese regelmäßig im Haushalt helfen, Wäsche waschen.
Rund ein Drittel der Bewohner*innen in Fennpfuhl sind Demenzerkrankte, bei denen Quarantänemaßnahmen nicht so einfach umgesetzt werden können. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) forderte eine Maskenpflicht in Pflegeeinrichtungen.
Was in Lichtenberg geschah, geschah bereits in Mönchengladbach. Dort waren bereits vor mehr als zwei Wochen mehr als 10 Menschen in einem Pflegeheim an dem Virus gestorben. In dem Heim waren ebenfalls viele demenzerkrankte Personen untergebracht. Ebenfalls wurde eine Maskenpflicht in Pflegeeinrichtungen gefordert. Und schließlich eingeführt. Unterdessen sei der Betrieb wieder normal und alle weiteren Infizierten seien genesen, so Claudia Frenken von der Einrichtungsleitung im St. Antonius Altenheim in Gladbach zum Tagesspiegel.