Namen & Neues
Respekt und Menschenrechte sind nicht exklusiv
Veröffentlicht am 06.07.2020 von Masha Slawinski
Momentan acht und bald neun Berliner Bezirke stehen in Partnerschaften mit polnischen Gemeinden und Bezirken. Mitte baut aktuell eine weitere Partnerschaft auf. Viele polnische Städte und Gemeinden haben sich zu „LGBT-freien Zonen“ erklärt. Eine der Gemeinden, Poniatowa, ist mit Steglitz-Zehlendorf verpartnert. Jetzt gilt es, Position zu beziehen. In einer gemeinsamen Presseerklärung betonten neun Berliner Bezirke, der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) und der Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag (BER), dass die aktuellen Entwicklungen eine Gefahr für die bestehenden Partnerschaften und zukünftiges Zusammenarbeiten darstellen.
„Die Haltung eines Staates, wie er Minderheiten gegenübertritt, ist wichtig. Wenn es zu Anfeindungen kommt, muss ein Staat schutzfähig- und willig sein. Sonst entsteht eine Lücke, in der Minderheitenschutz nicht mehr funktioniert”, sagt Jörg Steinert, Geschäftsführer des LSVD. Lichtenberg ist mit zwei polnischen Gemeinden verpartnert. Zum einen mit Białołęka, einem nord-östlichen Stadtbezirk des liberaler aufgestellten Warschaus. Und Hajnόwka, einer östliche Region an der weißrussischen Grenze. Diese haben sich glücklicherweise nicht zu „LGBT-freien Zonen“ erklärt.
„Intoleranz, Diskriminierung und das Ausgrenzen von Menschen als anders stehen in absolutem Gegensatz zur europäischen Idee und des Aufbruchs unserer Länder ins demokratische Europa. Unser gemeinsames Ziel ist es, dazu beizutragen, der Welt offener gegenüberzustehen und Akzeptanz, Respekt und Vielfalt zu fördern. Die organisierte Diskriminierung der LGBTQ*-Community durch ‚LGBT-freie Zonen‘ gehört nicht dazu“, lautet das Statement des Bezirksbürger*innenmeisters Michael Grunst.
Kommunizieren ohne Heckmeck. “Unsere Idee war die Veröffentlichung der Erklärung im Zusammenhang mit den Pride-Wochen, weil es um die Stärkung von LGBTQIA*-Aktivist*innen und ihrer Rechte geht. Wir wollen mit unserer Erklärung kommunizieren, dass wir alle Gemeinden, die sich gegen den Beschluss stellen, unterstützen und den partnerschaftlichen Austausch nutzen. Wir wissen, dass Partnerschaften wichtige Hebel internationaler Kommunikation sind, aber man sollte nicht in Bedrohungsszenarien rutschen. Das Positive an der kommunalen Ebene ist, dass kommuniziert werden kann und muss, auch ohne politisches Heckmeck auszulösen“, sagt Michael Jopp, Fachpromotor für Kommunale Entwicklungspolitik des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags.
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Konfrontation statt Tabuisierung. Partnerschaften mit „LGBT-freien“ polnischen Städten und Gemeinschaften zu beenden, hält auch LSVD-Geschäftsführer Steinert für weniger sinnvoll: “Man sollte die Partnerschaft nutzen, um dieses Thema immer wieder auf die Agenda zu setzen. Eine Aufkündigung der Partnerschaft kann bedeuten, dass das Thema nicht mehr kritisch angesprochen wird. So kommt es zu einer Tabuisierung. Was wir aber brauchen, ist Konfrontation. Denn nur so können wir was verändern”, sagt er.
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