Namen & Neues
Stigmatisierung durch "Sozialwohnungen"
Veröffentlicht am 24.08.2020 von Robert Klages
Verslumung durch Sozialwohnungen? Lichtenberg baut bekanntlich am meisten: 1167 Wohnungen sind 2019 entstanden, 33 Prozent davon waren sogenannte „Sozialwohnungen“ – also Wohnungen, die mit Wohnberechtigungsschein (WBS) gemietet werden können. Diesen erhält, wer ein gewisses Gehalt nicht überschreitet. Einzigartig in Berlin. Viele Studierende, Familien, Alleinerziehende, Rentner*innen und Geringverdienende profitieren davon. Die CDU fordert nun, den Bau von WBS-Wohnungen für die Außenbezirke zu stoppen. Der Abgeordnete Christian Gräff sieht Berlin zu Paris werden … aber nicht zum schönen Paris, sondern zu den verslumten Vorstädten.
Aber ist denn „sozial schwach“, wer in einer WBS-Wohnung wohnt? Liebe Grüße aus dem Plattenbau in die „Sozialwohnungen“: Auf die Inneren Werte kommt es wiedermal an, nicht auf die Liquidität.
Stigmatisierung fängt auch da an, wo man von „Sozialwohnungen“ spricht, wenn WBS-Wohnungen gemeint sind. Vielen Studierenden, Familien, Alleinerziehenden etc. haben diese Scheine geholfen, überhaupt Wohnungen in Berlin zu finden. Rund 50 Prozent aller Berliner*innen hätten 2018 wohl Anspruch auf einen solchen Schein gehabt. Das heißt übrigens auch nicht, dass die Bewohner*innen „finanziell schwach“ bleiben müssen. Ein WBS-Schein gilt acht Jahre. Und auch danach wird man nicht einfach rausgeworfen, wenn man denn mehr verdient: Man muss dann mehr bezahlen. Wir sprechen hier übrigens von einem Mietunterschied von ungefähr 80 Euro.
Wer beispielsweise eine WBS-Wohnung für 370 Euro mietet, muss nach dem WBS-Schein rund 450 Euro zahlen. (ein mir bekanntes Beispiel aus Friedrichshain, bei anderen Wohnungen mag es verschieden sein). Das bedeutet nun auch, dass in Sozialwohnungen nicht nur ausschließlich Rentner*innen und Hartz IV-Empfangende leben, sondern Professor*innen, Journalist*innen, berufstätige Familien etc. Und zudem bedeutet der Zuzug von Rentner*innen, Geflüchteten und Sozialhilfeempfangenden nicht gleich die Abwertung eines Stadtteils. Ganz im Gegenteil. Zur Twitter-Diskussion zum Thema geht es hier entlang.