Namen & Neues

Die angebliche Entschuldigung der "Falken" bei der AfD

Veröffentlicht am 31.08.2020 von Robert Klages

Die AfD-Fraktion Lichtenberg hat wieder „Rassismus gegen Weiße“ entdeckt. In der letzten Bezirksverordnetenversammlung (BVV) brachte sie eine „Resolution“ ein: „Kein Platz für Rassismus im Bezirk Lichtenberg“. Nein, es geht nicht um den mutmaßlich antisemitisch-motivierten Brandanschlag auf die Kneipe „Morgen wird besser“ oder strukturelle rassistische Gewalt gegen Minderheiten, sondern um ein Schild der Jugendfreizeiteinrichtung „Falkenburg“. Dort stand am 29. Juli: „Die Burg ist heute für weiße* Kinder geschlossen. Wir freuen uns, euch morgen wieder zusehen.“ Selbstverständlich handelt es ich um einen Schutzraum für nicht-weiße Jugendliche, für gesellschaftlich benachteiligte Gruppen. Hinter dem Sternchen wird erklärt: „Kinder und Jugendliche, die keinen Rassismus erfahren.“

Gemeint ist also nicht die Hautfarbe „weiß“. Es soll vielmehr bedeuten, dass sich an diesem Tage Kinder und Jugendliche treffen können, die Rassismus erfahren haben – um sich darüber auszutauschen und mit Pädagog*innen zu sprechen. Ähnliches geschieht bei sogenannten „Mädchentagen“ in zahlreichen Kitas, Schulen und Einrichtungen in ganz Berlin: Da sollen Jungs mal draußenbleiben, damit Mädchen und junge Frauen über ihre Probleme und eventuelle Belästigungen erzählen können. Durch solche Veranstaltungen können gute pädagogische Ergebnisse erzielt werden.

Die Resolution der AfD wurde in der BVV abgelehnt. Die Linke steht zu 100 Prozent zu der Einrichtung, geführt durch die „Sozialistische Jugend – die Falken“, Kreisverband Lichtenberg. Das Bezirksamt Lichtenberg fördert die „Falkenburg“. Die CDU lehnte die Resolution auch ab, da die Einrichtung sich ja entschuldigt habe. Dies hatte zuvor Heribert Eisenhardt von der AfD gesagt: Man habe mit der Falkenburg gesprochen. Die Verantwortlichen hätten gesagt, der Text sei nicht gut formuliert gewesen und man wolle so etwas nicht nochmal machen.

Die Sozialistische Jugend entschuldigt sich bei der AfD? Moment! Das stimmt natürlich nicht wirklich: „Selbstverständlich haben wir uns nicht bei der AfD entschuldigt, da wir voll und ganz hinter dem Anliegen von Schutzräumen stehen“, schrieb mir Marie-Abla Dikpor, Sprecherin der Einrichtung, auf Nachfrage. Und Alissa Gruen, Leiterin der Falkenburg, sagte in einem längeren Statement, verfasst in Zusammenarbeit mit den Falken Berlin: „Unsere Einrichtungen werden wiederholt Opfer von mutmaßlich rechtsextremer Gewalt.“ Missverständnisse wie auf dem von der AfD kritisierten Plakat wolle man in Zukunft vermeiden.

Das Plakat wurde im Rahmen eines eintägigen Angebots der mobilen, antirassistischen Bibliothek „Audream“ erstellt. Dort heißt es: „Da wir finden, dass es viel zu selten Räume gibt, in denen die Erfahrungen von Schwarzen Menschen und Kindern of Color ihren Platz haben, würden wir uns besonders freuen, wenn wir als Schwarze und People of Color zusammenkommen und einen schönen, empowernden Nachmittag erleben.“ Und als Zusatz: „Wir laden aber alle Menschen herzlich zu uns ein.“ Dies stand auch genau so am Tag des Events auf einem Schild in der Falkenburg, wurde von der AfD aber wohl übersehen. Diese hat die Infos ohnehin nicht aus erster Hand, sondern von einer rechten Bloggerin.

An diesem Tag wurden in der Falkenburg Bücher gelesen, in denen Schwarze und nicht-deutsch gelesene Protagonist*innen die Held*innenrollen einnehmen. Gruen weiter: „Der Zweck ist es, Kindern und Jugendlichen einen Raum zu eröffnen, in welchem sie sich über ihre Erfahrungen austauschen und gegenseitig bestärken können. Dieser Tag ermöglicht es uns, zielgruppengenau auf die Lebensrealitäten, Bedürfnisse und Wünsche einer gesellschaftlich benachteiligten Gruppe einzugehen.“

Die Veranstaltung sei auch mit den Kindern und Jugendlichen im Vorfeld besprochen und erklärt worden, wieso diese zielgruppenspezifischen Räume wichtig sind. „Allen Kindern wurde vermittelt, dass dieses Angebot nicht stattfinden soll, um Ausschlüsse zu praktizieren.“ In Zukunft wolle man noch transparenter und offener mit diesen Angeboten umgehen – und Aushänge, die einer Erklärung bedürfen, nur noch innerhalb der Einrichtung aufhängen.