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Banner am Tag der Befreiung angebracht: Strafverfahren gegen Linken-Politiker

Veröffentlicht am 14.09.2020 von Robert Klages

Die Polizei beschuldigt Antonio Leonhardt gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Er ist für die Linksfraktion in Lichtenberg auch im Ausschuss für Öffentliche Ordnung vertreten. Tatzeit: Freitag, der 8. Mai 2020, 8 Uhr. Tag der Befreiung, Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Tatort: Eine Fußgängerbrücke in Alt-Friedrichsfelde. Die Straße hieß früher Straße der Befreiung, weil hier die Sowjetarmee ins Berliner Stadtzentrum vorgerückt war. Corpus Delicti: ein Banner mit der Aufschrift „8. Mai:Спасибo, Thank You, Merci“, das Leonhardt und Gonoss*innen an der Brücke anbrachten. Auch das Symbol der Linkspartei ist drauf, es wird sich bei den Siegermächten für die Befreiung vom Nationalsozialismus bedankt. Tathergang: Leonhardt berichtet dem Tagesspiegel, die Gruppe habe sich kurzfristig zu der Aktion entschieden.

„Wir hielten es für ein politisch wichtiges Signal“, erzählt Leonhardt.  Aufgrund der Coronapandemie waren Veranstaltungen für den 8. Mai abgesagt worden. Leonhardt und die Linken mussten Aktionen absagen, die sie monatelang geplant hatten, zum Beispiel eine Fahrraddemo. Dabei ist nachzulesen, dass der Senat Demonstrationen mit Autos, Motorrädern und Fahrrädern mit bis zu 50 Teilnehmenden für den 8. Mai wieder ermöglicht hatte. Versammlungen unter freien Himmel waren zu diesem Zeitpunkt der Pandemie mit bis zu 50 Personen ebenfalls erlaubt. Daher kann die Gruppe von zehn Menschen eigentlich nicht gegen diese Auflagen verstoßen habe. Kurz nach der Montage des Banners seien von beiden Seiten jeweils zehn Polizist*innen gekommen, erzählt Leonhardt. Sie nahmen Personalien auf, das Dankes-Banner musste entfernt werden.

„Zu keinem Zeitpunkt wurde uns mitgeteilt, dass wir eine Straftat begehen würden“, sagt Leonhardt. Er ist selbst Jurist. Beruflich sei es für ihn sicherlich nicht fördernd, trotzdem habe er sich dazu entschieden, den Fall öffentlich auf Facebook zu teilen. Zudem ist er Anmelder einer anstehenden Demonstration gegen eine Nazikundgebung in Hohenschönhausen am 3. Oktober und als solcher nun versammlungsrechtlich „angezählt“. Leonhardt hält die Vorwürfe für ziemlich dünn. Das Anbringen eines Banners stelle keine Versammlung dar, und daher sei eine Anmeldung der Aktion auch nicht nötig gewesen. Er bezeichnet die Anzeige als „politisch motiviert“. „Leider nur eines von vielen Beispielen, wie in diesem Land mit Antifaschist_innen umgegangen wird.“