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Atzpodienstraße: Baustadtrat Kevin Hönicke weist Vorwürfe der Anwohnenden zurück
Veröffentlicht am 29.03.2021 von Masha Slawinski
Zum Monatsanfang berichtete mein Kollege Robert Klages über die Mieter*innen der Atzpodienstraße. Sie hatten Mitte Februar ein Schreiben ihrer Vermieterin, der Howoge, im Briefkasten hatten, das sie darüber informierte, dass ihr Hinterhof bebaut wird. Wenige Tage später, noch bevor eine Baugenehmigung unterschrieben war, wurden dort dann 55 Bäume gefällt.
Die Mieter*innen beklagen, dass man sie vor vollendete Tatsachen gestellt und nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen haben soll. Zudem habe der CDU-Stadtrat Martin Schaefer die Baumfällungen noch genehmigt, bevor überhaupt eine Baugenehmigung unterzeichnet wurde. „Seit 2016 wirbt die Howoge mit ihren Bürgerbeteiligungsverfahren und dann wird bewusst auf den letzten Drücker die Info zu der Bebauung in die Briefkästen steckt, um eine Gegenwehr der Mieter zu verhindern“, sagt einer der Anwohnenden, Wolfgang Hüttner. Er ist Mitbegründer der Bürgerinitiative „Auf dem Lichten Berg“, an der etwa 150 Menschen beteiligt sind.
Die Initiative fordert, dass die Baupläne gestoppt werden. Der Bauantrag wurde aber schon unterschrieben, vom Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) – an dem Tag, als klar war, dass die Linkspartei einen Eilantrag für ein B-Planverfahren in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) stellen wird. Die BVV stimmte dann mehrheitlich für das Verfahren, was aber mit der erteilten Unterschrift des Baustadtrats wirkungslos bleibt. Die Mieter*innen unterstellen Hönicke, dass er absichtlich so gehandelt hat. Und auch der Umweltstadtrat Schaefer soll frühzeitig die Fällgenehmigung unterzeichnet haben, um der Phase zwischen April und September, in der nicht gefällt werden darf, zuvorzukommen.
Ihrem Ärger machten die Anwohnenden bei eine hofeigenen Protestaktion Luft. Mit bei der Veranstaltung war der Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg (Linke), der Bezirksverordnete Falk Rodig (AfD), der CDU-Verordnete Michael Moll und Baustadtrat Hönicke. „Ich bin zu der Protestaktion mit dem Wissen hingefahren, dass mir die Wut entgegenspringen wird und dem stelle ich mich auch, weil Menschen ein Recht haben ihrer Wut Luft zu machen“, sagte Hönicke nach der Veranstaltung dem Tagesspiegel.
Er betont, dass der Vorwurf, er habe absichtlich unterschrieben, um ein B-Plan-Verfahren zu stoppen, nicht wahr sei. Der Hinterhof der Atzpodienstraße falle unter den Paragraph 34 des Baugesetzbuches. Der greift, wenn es noch keine festen Bebauungspläne für ein Grundstück gibt. Solche Genehmigungen wären reine Routine und bräuchten keine weitere Abstimmung. Die Bedingung ist, dass sich die entstehenden Gebäude in das Umfeld einfügen. Wäre dies bei den geplanten 50 Wohnungen nicht der Fall, könne man ein B-Plan-Verfahren einleiten.
Dass sich die Linkspartei mit einem Eilantrag gegen das Vorhaben eingesetzt hat, sieht er als Wahlkampfmasche. „Ich hätte natürlich aus Wahlkampfgründen einfach mal nein sagen können, hier dürft ihr nicht bauen, aber dann wäre die Howoge in den Widerspruch gegangen und hätte auf jeden Fall Recht bekommen“, sagt Hönicke. Laut ihm wäre das Projekt dann an den Bausenator Sebastian Scheel (Linke) gegangen, der das Projekt dann letztendlich hätte genehmigen müssen. Dafür hätte dann die Linkspartei den Unmut über den Neubau einstecken müssen. „Ich halte es für sinnlos, mit dem Wegschieben von Verantwortung und Entscheidungen Wahlkampf zu machen und habe daher als in Verantwortung stehender Baustadtrat auf Grundlage der Gesetze entschieden“, sagt Hönicke. Er bedauert aber, dass die Mieter*innen so kurzfristig informiert wurden. Dies liege aber bei der Howoge.
Die Wohnbaugesellschaft entschuldigte sich bei den Mieter*innen für die verspätete Information. „Ein Anfang Februar vorbereitetes und datiertes Informationsschreiben wurde bedauerlicherweise aufgrund eines internen Fehlers in Teilen erst Mitte Februar an die Anwohner verteilt. Eine Rückdatierung hat nicht stattgefunden“, heißt es in ihrem Statement. Man sei sich bewusst, dass die Anwohnenden zu spät informiert wurden und habe dies bereits gegenüber den Mieter*innen eingestanden.
Am Montag, dem Erscheinungstag dieses Newsletters, steht noch ein Gespräch zwischen den Mieter*innen mit dem
Bausenator Scheel an. Er könnte die Bebauung des Hinterhofs als einziger noch stoppen. Dass es dazu kommt, ist aber unwahrscheinlich.
Ursprünglich stand in dem Text, dass 16 Bäume gefällt wurden. Diese Zahl haben wir am 29.03.21 geändert. Insgesamt wurden 55 Bäume gefällt. Die Zahl 16 bezog sich auf die Zahl der Bäume, die eine Fällgenehmigung brauchten.
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