Namen & Neues
Bezirksamt lehnt zwei Parklets im Weitlingkiez ab
Veröffentlicht am 19.04.2022 von Masha Slawinski
Anfang Februar hat der Landesverband der Naturfreunde Deutschlands beim Straßen- und Grünflächenamt (SGA) des Bezirksamts die Errichtung von zwei Parklets im Weitlingkiez beantragt. Parklets sind parkplatzgroße Sitzmöbelkonstruktionen aus Holz, die Menschen mehr öffentlichen Raum zur Verfügung stellen sollen.
Abgelehnt. Eines der Parklets sollte vor einer Kita in der Eitelstraße 20 errichtet werden, das andere vor einem Familienzentrum der Berliner Stadtmission, in der Archenholdstraße 25. Beide Anträge hat das SGA abgelehnt. Die Begründungen liegen dem Tagesspiegel vor. Teils sind sie im Wortlaut identisch: Durch im Fahrbahnbereich aufgestellte Parklets würden sich direkte Beziehungen zum Fließverkehr ergeben.
Zu unsicher. Im Falle der Kita wird die Ablehnung hauptsächlich mit Sicherheitsbedenken begründet. Der Sicherheitsabstand von 50 Zentimetern zur Fahrgasse könnte nicht gewährleistet werden. Zudem könnten die Kinder das Parklet als Spielplatz in Beschlag nehmen. So könnten „durch ein plötzliches Auftauchen von Kindern (..) auf der Fahrbahn“ potentiell gefährliche Situationen und gar schwere Verkehrsunfälle mit dem Fließverkehr entstehen, heißt es in dem SGA-Antwortschreiben.
Zu aufwendig. Um die erforderlichen Sicherheitsbestimmungen zu erfüllen, müsste die Tiefe des Parklets in der Eitelstraße verkleinert und auf der Straßenseite eine gute physische Absicherung errichtet werden. Dies wäre hinblicklich des beabsichtigten Zwecks vom Aufwand her unverhältnismäßig.
Selbst schuld? Bei der Einrichtung der Stadtmission in der Archenholdstraße bestehe kein Bedarf an Sitzgelgenheiten. Wenn, dann habe die Einrichtung das selbst zu verantworten: „In Abwägung der öffentlichen Interessen und gesetzlichen Verpflichtungen komme ich … zu der Feststellung, dass grundsätzlich kein signifikanter Mangel an Aufenthaltsmöglichkeiten an besagter Örtlichkeit besteht. Etwaig induzierte Bedarfe sind der Stadtmission selbst zuzuordnen und in erster Linie auch auf dem eigenen Grundstück und in den eigenen Räumlichkeiten abzuwickeln“, heißt es vom SGA.
Zu schmutzig. Weiter wird angeführt, dass Sitzgelegenheiten im öffentlichen Verkehrsraum zu Verschmutzungen führen würden und so Müll und Glas auf die Fahrbahnen gelangen könnte. Die Rücksprache mit mehreren Polizeiabschnitten habe ergeben, dass obdachlose Menschen die Parklets exzessiv nutzen würden. „Die Folgen dessen waren Alkoholgelage, Drogenkonsum, unzulässiger Lärm, Vermüllung und Verrichten der Notdurft“ in Parklet-Nähe. Angesichts der „Obdachlosenszene“ in unmittelbarer Nähe, wäre dies auch in Lichtenberg zu erwarten.
Nicht barrierefrei. Zum Schluss führt das SGA an, dass schwerbehinderte Menschen von der Nutzung ausgeschlossen wären, weil Parklets nicht uneingeschränkt barrierefrei hergestellt werden können. Der Logik nach dürfte es also nirgendwo Parklets geben.
Das stimmt aber so nicht, denn die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verkehr und Klimaschutz (SenUMVK) fördert Parklets mit einem Pilotprojekt, an dem momentan Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte teilnehmen, wie meine Kollegin Corinna von Bodisco in ihrem Newsletter berichtete. So wurden im Nachbarbezirk 35 Parklets beantragt und genehmigt, 18 davon sind schon fertig.
Nicht optimal. Der FDP-Abgeordnete Björn Jotzo kritisiert bei Twitter, dass das Holz der Parklets vergammeln würde und es dann kostenpflichtig entfernt werden müsste. Ein anderer Nutzer bemerkt, dass er die Vorstellung eines Parklets, an dem unmittelbar Autos und Busse vorbei rauschen, nicht sonderlich prickelnd findet: „Also, da wünsche ich mir viel lieber eine schöne Radspur, als ein Strassenmöbel, dessen vorrangiges Ziel es ist, dass man damit die Autofahrer*innen etwas stänkern kann“, heißt es in seinem Tweet.
„Agiert das Lichtenberger Bezirksamt wirklich auf derselben Rechtsgrundlage wie das Friedrichshainer Bezirksamt“, fragt das Netzwerk Fahrradfreundliches Lichtenberg bei Twitter. „So lange die CDU den Verkehrsstadtrat stellt, wird das alles nix“, schreibt ein weiterer Nutzer.
Und was sagt der Verkehrsstadtrat und Leiter des SGA, Martin Schaefer (CDU) dazu? „Ich vertraue bei der Bearbeitung der Anträge meinen Fachmitarbeitenden der Straßenverkehrsbehörde. Entscheidend sind immer Faktoren wie Verkehrssicherheit, Abstandsflächen, Barrierefreiheit, Einpassung in den Fließverkehr usw“, heißt es von ihm.
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