Namen & Neues
Räumung des Trailerparks angekündigt, Ersatzwohnungen stehen bereit
Veröffentlicht am 13.11.2023 von Robert Klages
Wie geht es weiter mit den über 200 Personen, die auf dem Gelände des umstrittenen Trailerparks in Karlshorst leben? Es wird immer kälter, der Strom wurde abgestellt und Eigentümer Ulrich Ziegler und Bezirksamt streiten sich weiterhin; der Bezirk nennt das Areal „illegal“ – und hat nun die Räumung angekündigt. Auf dem Gelände hängen Infozettel des Bezirksamtes Lichtenberg. Dieses möchte die Bewohner:innen in eine Unterkunft mit Ein- und Zweibett-Zimmern verlegen. Haustiere können dahin nicht mitgenommen werden, aber der Bezirk versuche, weitere Unterkünfte zu bekommen, bei denen auch Tiere erlaubt sind.
Wer interessiert ist, soll sich bei einer Telefonnummer melden. Am 20. und 21. November dann sollen Shuttlebusse bereitstehen. Hierbei handelt es sich um Unterbringung in Ein- bzw. Zweibettzimmern in der Paul-Gesche-Straße in Friedrichsfelde. Es ist eine Unterkunft, die auch tagsüber bewohnt werden kann und nicht täglich wieder verlassen werden muss. Wie das Bezirksamt schreibt, soll allen Bewohner:innen des Trailerparks jeweils eine Unterkunft angeboten werden. Wie lange ihnen diese Unterkunft zur Verfügung steht, wird nicht gesagt.
Am 9. November erging eine Räumungsverfügung an den Betreiber des Geländes, Ulrich Ziegler. Die Nutzung des Geländes zur Vermietung von Wohnwagen wird untersagt und der Eigentümer soll seine Mieter:innen und ihre Behausungen bis zum 20. November vom Gelände schaffen, sonst wird er für die Räumung finanziell aufkommen müssen. Alle Wohnwagen, die dann noch auf dem Gelände stehen, sollen aufgebrochen, geräumt und auf Kosten des Eigentümers entfernt werden.
„Sollten Sie Widerstand leisten, wird darauf verwiesen, dass dieser mit Gewalt gebrochen werden kann“, schreibt der Bezirk an Eigentümer Ziegler. Nach der Räumung soll das Gelände durch einen Sicherheitsdienst bewacht werden, ebenfalls auf Kosten Zieglers.
Als Grund nennt der Bezirk in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, mangelnde Stromversorgung. Zudem wird der Müll nicht mehr abgeholt und es gibt kein warmes Wasser. Nun befürchtet der Bezirk, dass die Bewohner:innen des Trailerparks mit Gas-, Kohleöfen oder sogar mit offenem Feuer heizen könnten. „Diese gegenwärtige Gefahr für die Sicherheit der Bewohner ist nicht mehr hinnehmbar“, heißt es in dem Schreiben des Bezirksamts.
Klaus Langer, Sozialpädagoge des Trailerparks, sagt zu der Räumungsverfügung, dass eine Auflösung des Parks innerhalb von wenigen Tagen kaum möglich sei. Zudem war mit dem Bezirk vereinbart gewesen, dass die Bewohner:innen bis Mai 2024 bleiben dürfen.
SPD, Grüne und Linke sprechen sich gegen diese abrupte Räumung aus und wollten in einem Antrag ein „schrittweises Vorgehen mit überprüfbaren Zwischenschritten“ organisieren. Hierfür sollte ein verbindlicher Umsetzungs- und Zeitplan erarbeitet und gegenüber dem Eigentümer und den Pächter:innen kommuniziert werden, mit dem Ziel, Wohnungen zu finden und die Bewohner:innen des Parks unterzubringen. Erst Ende Mai 2024 sollte der Prozess abgeschlossen sein. Die derzeitigen Zustände auf dem Gelände seien unhaltbar.
„Diese Umstände sind das Resultat einer nachhaltigen, ausbeuterischen Praxis des Eigentümers der Anlage“, heißt es von SPD, Grünen und Linken. „Es besteht die Sorge, dass ohne eine koordinierte, bezirks- und landesübergreifende Strategie eine kontinuierliche Verschlechterung der Lebensbedingungen und eine Potenzierung der Gefahrenlagen für die auf der Fläche lebenden Menschen eintritt.“ Dieser Antrag der Fraktionen wird nun wohl nicht mehr eingebracht werden, da das Bezirksamt die Räumung beschlossen hat.
Der „Arbeitskreis Wohnungsnot“ hat sich, zusammen mit zwei Verbänden für die Rechte von Rom:nja, gegen eine Räumung der Fläche ausgesprochen.
„Die bereits begonnene kalte Räumung muss sofort gestoppt werden“, heißt es in einem gemeinsamen Statement des Arbeitskreises und des „Bündnis gegen Antiziganismus und für Roma*-Empowerment“. Der Bezirk müsse das Gelände sofort mit Strom versorgen und alle Bewohner:innen, die dies möchten, sofort in Hostels oder Hotels unterbringen, um sie mittelfristig mit Wohnraum versorgen zu können. Eine Unterbringung in Sammel- oder Notunterkünfte werde von den meisten Bewohner:innen abgelehnt.
„Viele der Bewohner*innen der Trailerparks sind durch die möglichen Räumungen ernsthaft von Obdachlosigkeit bedroht“, heißt es in dem Statement weiter. Dabei habe sich doch die Landesregierung im Koalitionsvertrag auf das Ziel geeinigt, Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit bis 2030 zu beenden. Es wird gefordert, das Grundstück zu enteignen und einen echten Safe Space einzurichten, also einen Ort, an dem obdachlose Menschen eigenständig unter der Aufsicht von Sozialarbeiter:innen leben können. „Nur in einer gesicherten rechtlichen Eigentumsstruktur kann ein Safe(r) bzw. Community Place im Sinne der Bewohner*innen und nicht im Sinne des Profits organisiert werden.“
Der Bezirk hat es bisher abgelehnt, das Gelände kostenfrei vom Eigentümer zu übernehmen und als „Safe Place“ zu verwenden. Daraufhin hatte dieser sein Grundstück eigenmächtig zum „Safe Place“ ernannt, jede:r sei willkommen, niemand müsse mehr Miete zahlen. Eigentümer Ziegler, und seinem „undurchsichtiges Firmengeflecht“ traut der Arbeitskreis Wohnungsnot aber nur bedingt über den Weg: immerhin mache dieser „seit Jahren Profit aus der Not der Betroffenen und verlangt überteuerte Mieten.“
Die Bewohner:innen des Parks fühlen sich im Stich gelassen, zerrieben im Konflikt zwischen Bezirk und Eigentümer. Erste Bewohner:innen haben den Trailerpark aufgrund der unhaltbaren Zustände bereits verlassen, andere haben sich hier niedergelassen, in der Hoffnung, bald eine Wohnung oder ein Hotel gestellt zu bekommen. Bei den langjährigen Mieter:innen, die hier regulär eingezogen waren, verstärken sich unterdessen die Existenzängste. Laut dem Arbeitskreis Wohnungsnot seien einige von ihnen wütend: in Aussicht gestellter Wohnraum soll nicht vermittelt worden sein, Informationen flössen nur sehr spärlich. Aber die Betroffenen wehren sich nun konkret und haben bereits eine Demonstration zum Rathaus Lichtenberg durchgeführt. Durch die Ankündigung der Räumung dürfte der Protest weiter anwachsen.