Namen & Neues
Wohnungsneubau oder Grünflächen erhalten: Sorge um die Trabrennbahn in Berlin-Karlshorst
Veröffentlicht am 16.09.2024 von Dominik Lenze
Der Eingang zum Gelände der Trabrennbahn in Karlshorst ist nicht im besten Zustand: Pflanzen wuchern über den Torbogen, an den schon Graffiti gesprüht sind. Doch sie hat auch etwas Verwunschenes, diese Pforte ins Grün, direkt neben der viel befahrenen Treskower Allee. „Es ist unser Portal in die Wuhlheide“, sagt Götz Frommer, Vorsitzender des Vereins Karlshorst e.V. Dieses nahe Grün sieht er bedroht: Der Senat hat Teile des Geländes als Bauland ins Auge gefasst.
Der Pferdesportpark hat die betreffenden Flächen vor Jahren an verschiedene Eigentümer verkauft. Doch aktuell kann gar nicht gebaut werden: Im Flächennutzungsplan (FNP) ist das Areal als Grün- und Sportfläche vermerkt. Im Bezirksamt Lichtenberg sehe man mit Sorge auf eine mögliche FNP-Änderung in der Zukunft, sagt Bezirksstadträtin Camilla Schuler (Linke). Von einer Bebauung in nächster Zeit sei jedoch nicht auszugehen. Frommer, der 2023 in Berlin für die Freien Wähler kandidierte, bleibt jedoch skeptisch – und fordert eine klare Ansage des Senats an die Eigentümer. „Wir müssen die Bauerwartungshaltung brechen“, sagt er. Auch den Erhalt des Pferdesports auf dem Gelände sieht er bedroht.
Dimitrios Vergos, Geschäftsführer des Pferdesportparks, teilt diese Sorgen nicht. Er vertraue den Eigentümern, dass sie der Trabrennbahn keine Probleme bereiten. Hinter den Verkäufen steht er nach wie vor: „Ohne die Verkäufe würde die Trabrennbahn nicht mehr existieren.“ Von dem Erlös könne er die nächsten drei bis fünf Jahre wirtschaften. Zudem: Trabrennen ist keine Trendsportart, das weiß auch Vergos. „Zu DDR-Zeiten gab es hier 1000 Pferde, heute haben wir etwa 70“, sagt er. Viele Flächen würde man nicht mehr brauchen.
Die CDU im Bezirk hat in der Bebauungsfrage an dieser Stelle einen Kompromiss vorgeschlagen. „Wir schlagen eine Bebauung entlang der Treskowallee vor, wollen aber nicht, dass das Wald-Habitat verloren geht“, sagt Fraktionschef Benjamin Hudler. Man könne höher bauen, um so möglichst viel Wohnraum zu schaffen und möglichst wenige Bäume zu verlieren. 2022 wurde der Antrag mit Stimmen von Grünen und Linken in der Bezirksverordnetenversammlung angenommen.
In Berlins Ost-Bezirken steht die Politik immer wieder vor der Frage: Grünflächen erhalten oder Bauland für Wohnraum freigeben. In Neu-Hohenschönhausen wurde beispielsweise die geplante Bebauung eines Innenhofes in der Barther Straße heftig diskutiert. Selbst die Lichtenberger CDU-Fraktion stellte sich – vergeblich – gegen die Bebauungspläne ihrer damaligen Senatorin Manja Schreiner (CDU).
Der Großteil der Wohnungen, die in den nächsten Jahren gebaut werden sollen, liegen laut „Stadtentwicklungsplan Wohnen 2040“ im Osten. Die meisten Bauvorhaben gibt es in Pankow, weitere Schwerpunkte sind Treptow-Köpenick, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf. Das liegt auch daran, dass es in den Bezirken viel Freifäche gibt – zum Beispiel die Rieselfelder, ehemalige Abwasserflächen im Nordosten der Stadt.
„Im Osten gibt es zudem aus historischen Gründen auch weniger Bebauungspläne“, sagt der Lichtenberger Grünen-Verordnete Philipp Ahrens. Das gestalte die Planung für Bauvorhaben einfacher.
Doch dies müsse nicht auf Kosten von Grünflächen gehen, findet er. „Es gibt auch andere Flächen, zum Beispiel kaum genutzte, große Parkplatzflächen.“ Autos könnten auch in Tiefgaragen geparkt werden. 2023 ermittelte die Umweltschutz-Organisation NABU, dass es in Berlin mehr 1140 Hektar versiegelte Fläche gebe, die man anstelle von Grünflächen bebauen könnte. Hier können Sie sich auf einer Karte des NABU selbst einen Überblick verschaffen.
Ob an der Trabrennbahn in Karlshorst überhaupt in absehbarer Zeit gebaut wird, steht noch in den Sternen: Derzeit wird noch auf Naturschutzgutachten gewartet. Teile der angedachten Bauflächen weist das Bezirksamt als geschützte Biotope aus. Auch der streng geschützte Heldbock-Käfer wurde auf dem Gelände gesichtet.
- Der Bau von Sozialwohnungen kommt in Berlin weiterhin nur schleppend voran. Erfahren Sie hier die Hintergründe (T+).