Polizei
"Flüchtling ermordet deutsche Schülerin"
Veröffentlicht am 19.03.2018 von Robert Klages
… hättet ihr eine solche Schlagzeile gerne gelesen? „Ein 15-jähriger Flüchtling, der gerade erst von Angela Merkel (CDU) ins Land geholt wurde, erstach die 14-jährige deutsche Schülerin aus Hohenschönhausen brutal mit mehrere Messerstichen.“ Sowas, ja? Auch, wenn es gar nicht der Wahrheit entspricht, aber es eure „subjektive Wahrnehmung“ (Vorurteile) bestätigt? Wenn ja, dann bitte das hier lesen: „An alle rechten Hetzer.“ (Vielen Dank an die Kolleg*innen vom Stern, die sich die Arbeit gemacht haben, das zusammenzuschreiben.)
Es geht um den schrecklichen Mord eines 15-Jährigen an einer 14-Jährigen in Hohenschönhausen, mit dem es Lichtenberg mal wieder in die bundesweite Presse geschafft hat (da schaltete sich sogar Julian Reichelt, Chefredakteur der „Bild“, persönlich ein). Der Schüler war Deutscher, sein Name war „Edgar“. Zum Nachlesen und mit Dank an die Kolleg*innen der „Berliner Zeitung“: „Fall Keira G. Die wichtigsten Fakten zum Drama von Lichtenberg.“
Manche hielt die erste Meldung zum Thema nicht auf dem Sitz. „Das war doch bestimmt wieder so ein Merkel-Ork“, wird da sofort auf Twitter vermutet. Und noch bevor die Polizei auch nur irgendeine Information zum Täter veröffentlichte und obwohl es noch überhaupt keinen Hinweis dafür gab, dass es sich um einen Ausländer handelt könnte, wurde schon munter drauflos geschossen. Purer Rassismus. Mit Dank an die Kolleg*innen der „Taz“, ein Auschnitt aus deren Berichterstattung, wie es weiterging, noch bevor der Vorname das Täters dann tatsächlich veröffentlicht wurde:
„Die Information, dass der Berliner Täter ein gebürtiger Deutscher ist, hätte – folgt man den Gesetzen der Logik – die Debatte beenden können. Hat sie aber nicht. Denn die Pöbler haben ihre Hoffnung auf einen irgendwie ausländischen Täter noch nicht aufgegeben. Der Berliner AfD-Abgeordnete Gunnar Lindemann kritisierte am Sonntag auf seinem Facebook-Profil die „Desinformationspolitik“ der Polizei. Was ihm und vielen anderen Pöblern im Netz fehlt, ist der Name des Jungen, mindestens ein Vorname. So heißt es in den Kommentaren unter dem Post etwa: „Kann man den Krechznamen dieses passdeutschen Straftäters überhaupt aussprechen?“
Ich wollte eigentlich gar nichts dazu schreiben, diesem rechten Hass hier keinen Raum geben. Aber dann erhielt ich letzte Woche eine Mail (anonym), und dann noch eine, und bald waren es drei: Warum ich denn nicht darüber berichten würde, dass da ein Flüchtling ein Mädchen ermordet habe, ich solle die Leser doch informieren. Das mache ich hiermit, denn irgendwie scheinen sich wiedermal die Falschmeldungen schneller zu verbreiten als die eigentliche Nachricht. Und die AfD ist mittendrin. Mit Dank an die Kolleg*innen der Vice: „So erfindet die AfD Messer-Attacken durch Ausländer.“
Die Lichtenberger AfD hat sich übrigens, soweit ich das verfolgen konnte, ungewöhnlich gezügelt, was das angeht. Vielleicht haben sie gelernt aus einem älteren Fall. Auch hier mein Dank an die Kolleg*innen für die Zurückhaltung und das nicht Weiterverbreiten von Falschmeldungen. Scheint ja nicht selbstverständlich zu sein.