Kiezgespräch
Veröffentlicht am 07.12.2020 von Robert Klages
Es ist ein Durchbruch für die ganze Stadt. Heißt es. Die Verlängerung der U5 ist fertig: in 41 Minuten von Hönow bis zum Hauptbahnhof. Hier ein exklusives Bild von der Eröffnung, geknipst von Stadtrat Kevin Hönicke (SPD). Dieser sieht einen „Meilenstein für unseren Bezirk“. Vom Hauptbahnhof geht es jetzt direkt nach Lichtenberg, der Bezirk erhofft sich Tourist*innen. Bezirksbürger*innenmeister Michael Grunst (Linke) freut sich über die neue U5: „Moderne Mobilität kann Berlin für alle Menschen neu erschließen. Mehr davon!“ Lasst die Pferdekutschen stehen und steigt um in die Untergrundschnellbahn!
Die Kampagne „U5. berlinspirierend“ soll helfen, auf Highlights entlang der Strecke hinzuweisen. Die Wirtschaftsförderung Lichtenberg hat für diesen Zweck eine Agentur mit Suche nach dem Titel und der Gestaltung eines Logos beauftragt und sucht nach „inspirierenden Erlebnissen entlang der U5“. 26 Stationen hat die U5 nun. Als Highlights in Lichtberg entlang der Strecke werden auf berlinspirierend.de präsentiert: Stasi-Museum, Rathaus, Tierpark, Inforoute Platte & Co.
In Friedrichshain wird die Strecke etwas lebendiger: Frankfurter Tor, Karl-Marx-Allee, Drachenspielplatz. Immerhin hat man das Jugendwiderstands-Museum in der Rigaer Straße mit aufgenommen, was mich freut. Die Gedenktafel für den ermordeten Antifaschisten Silvio Meier im U-Bahnhof Samariterstraße hat es nicht in die Highlights geschafft.
Mein Highlight an der U5: Die Marterpfähle an der Station Schillingstraße. Das Kunstwerk heißt „Reisende aus einer anderen Zeit“ und wurde von Jugendlichen der Justizvollzugsanstalt Oranienburg gestaltet. Oder Görings Säulen, wenn man Weberwiese aussteigt, Marchlewskistraße 25. Im bekannte Zuckerbäckerstil der Stalinallee sind die schwarzen Rundsäulen aus poliertem Dolerit aus Herman Görings Landsitz in Carinhall eingebaut worden.
Viele Lichtenberger*innen kennen die U5 als Heimweg. Am Alex oder in Friedrichshain betrunken einsteigen und hoffen, nicht einzuschlafen. Ist mir, als U5-Anwohner, früher mal passiert. Man wacht in Hönow auf und muss warten, bis die nächste Bahn (oder ein Nachtbus) zurückfährt. Ich erinnere mich an hypnotisch-drehende gelbe Haltestangen, Viererbänke, zwischen denen mehrere McDonalds-Tiere zerfleischt wurden, eine leere Bierflasche, die von links nach rechts rollt in jeder Biegung, langsam öffnende Türen, ein Windhauch, der den zerlesenen Berliner Kurier von der Sitzbank gegenüber treibt.
Und nun das Ganze nochmal aus Sicht eines U-Bahnfahrers: „Es geht ziemlich hoch und runter, weil wir die Spree unterqueren und mehrere andere Bahntunnel kreuzen. Da braucht man Übung, um möglichst energiesparend und materialschonend zu fahren.“ Das Interview hier lesen.