Kiezgespräch

Veröffentlicht am 11.07.2022 von Robert Klages

Autofreie Städte sind noch reine Utopie. Der Status quo in deutschen Städten ist ein Straßenbild, das von Autos beherrscht wird: parkend und fahrend. Doch was würde passieren, wenn die Straßen von den Fahrzeugen befreit würden? Es entstünde Platz für Neues.

Wie das aussehen und der freiwerdende Straßenraum genutzt werden könnte, das zeigen jetzt großformatige Zukunftsbilder der künstlerisch-wissenschaftlichen Allianz „Strassen befreien“. Sie sind online auf strassen-befreien.de und offline in Form einer Ausstellung in Kreuzberg zu sehen. Kollegin Corinna von Bodisco hat sich das angeschaut und schreibt, was es noch braucht für ein autofreies Berlin: plus.tagesspiegel.de

Die Realität sieht leider anders aus als die visionären Bilder der Ausstellung. Der Radwegeausbau in Berlin hat sich auch im vergangenen Jahr nur schleppend entwickelt. Insgesamt wurden 2021 in der Hauptstadt auf 35,6 Kilometern Strecken für Radfahrende fertiggestellt. Im Vergleich zu den Ausbauzielen kommen Land und Bezirke damit kaum voran. Das geht aus dem „Fahrrad Berlin Fortschrittsbericht 2021“ hervor, den Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) im Senat vorstellen will und der dem Tagesspiegel vorab vorliegt: plus.tagesspiegel.de.

„Wenig Taten beim Ausbau der Radinfrastruktur in Lichtenberg, aber große Pläne für die nächsten Jahre.“ So resümiert das Netzwerk „Changing Cities“. Frank Neumann und die Ortsteilgruppe „Netzwerk Fahrradfreundliches Lichtenberg“ schreiben in einer Auswertung der Daten von der Senatsverwaltung: „Wie bereits im Jahr 2020 bleiben auch in 2021 die Lichtenberger Aktivitäten für den Ausbau der Radinfrastruktur klar hinter den gesetzlich geforderten Notwendigkeiten aus dem Mobilitätsgesetz zurück.“

Lichtenberg liegt bei den errichteten Kilometern an Radinfrastruktur sehr deutlich unter dem Durchschnitt der Berliner Bezirke und steht bei den meisten Vergleichskriterien auf hinteren Plätzen. Neumann und Co. ärgert besonders, dass Verkehrsstadtrats Martin Schaefer (CDU) seinen großen Ankündigungen (bisher) „offenkundig wenig Taten folgen lässt“.

Das „Netzwerk Fahrradfreundliches Lichtenberg“ richtet einen dringenden Appell an BVV und Bezirksamt Lichtenberg, die Pläne fürs Berliner Radverkehrsnetz stringent umzusetzen, „da der zuständige Verkehrsstadtrat hier seiner gesetzlichen Verantwortung aus dem Berliner Mobilitätsgesetz auch im Jahr 2021 nicht nachgekommen ist“.

Lichtenberg hat 2021 insgesamt 15,2 Kilometer Radinfrastruktur
geplant bzw. realisiert. Damit liegt der Bezirk, wie schon 2020, im an vorletzter Stelle im bezirklichen Vergleich.

In der Tendenz sind die Werte sogar rückläufig, denn im Vergleich zum Jahr 2020 hat sich die Länge der fertiggestellten bzw. im Bau befindlichen Radinfrastruktur verschlechtert (2020: 3 Kilometer,  2021: 2,6 Kilometer).

Bei den geschützten Radwegen plant Lichtenberg zwar 5,7 Kilometer, hat aber bislang keinen einzigen Meter fertiggestellt oder im Bau.

In einer Statistik zur Neueinrichtung von Fahrradstraßen taucht Lichtenberg gar nicht erst auf. Denn der Bezirk hat, wie bereits 2020 und im Unterschied zu anderen Bezirken, keinerlei neue Fahrradstraßen ausgewiesen.

Immerhin beim Aufstellen von Fahrradbügeln hat sich Lichtenberg verbessert. Mit 356 neu errichteten Halterungen für Fahrräder steht Lichtenberg auf Platz 5.