Nachbarschaft
Veröffentlicht am 18.02.2019 von Robert Klages
Das ist Harry Kraus, 56, Maschinenbaumechaniker, Wanderschmied und zuletzt wohnhaft auf der Freibeuter. Das besetzte Schiff wurde nun letzte Woche geräumt und Harry und Hündin Nerra („ein Jahr alt, intelligent, wohlerzogen, witzig“) suchen nun eine neue Bleibe. Harry war einer der zwei Personen, die noch einen Mietvertrag mit dem Vormieter des Schiffes hatten.
Harry ist gerade bei einem Freund untergekommen („Notlösung“). Ansonsten ist er leider obdachlos. Im Januar 2002 ist Harry mit seinem Traktor aus dem Fränkischen in die Uckermark gekommen. Vier Tage lang ist er gefahren, 42 Stunden hat er gebraucht, mitten im Winter. Davor waren er und sein Traktor eine Wanderschmiede. Er hat Landmaschinen bei den Bauern repariert oder handgemachte Kerzenleuchter auf Märkten verkauft. Harry ist auch Künstler.
Er war sogar zwei Mal auf der Documenta. Uneingeladen. (Wie sagte Finja Sander: „Kunst sollte nicht um Erlaubnis fragen.“) 2002 hat Harry dort, auf der weltweit bedeutendsten Reihe von Ausstellungen für zeitgenössische Kunst, ein Labyrinth aus vier Kilometer Absperrband direkt vor der Orangerie aufgestellt. Die Größe des Kunstwerks war wohl so beeindruckend, dass jede*r dachte, es wäre legal und angemeldet.
Auf der Freibeuter hatte er die „KulturKombüse“ betrieben. Die Räumung passte ihm gar nicht, gerne hätte er eine andere Lösung gefunden. Hier nachzulesen. Ein Statement dazu hat er auch veröffentlicht. Harry würde nun wieder gerne an Land leben, am besten mit Werkstatt. Er sucht ein Zimmer („Mit Wasserklo“) zum „Weiterarbeiten und den Verlust der Freibeuter zu verarbeiten“. Wer was für Harry hat oder wer wen kennt der wen kennt … bitte an: vbb-koop@riseup.net
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-r.klages@tagesspiegel.de