Nachbarschaft
Veröffentlicht am 26.08.2019 von Robert Klages

Der Verein „Garten- und Siedlungsanlage Falkenhöhe 1932“ demonstrierte am Donnerstag vor der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). (Hier ein Foto) Bei ihnen im Hauptweg 149/150 existiert eine Kombination aus Kleinstwohnbebauung und Gartennutzung auf rund 133.000 Quadratmetern. Der Bezirk will diese Anlage dem Bundeskleingartengesetz unterstellen, was bedeuten würde, dass Gebäude zurückgebaut werden müssten.
1990 wurde das Gebiet als Kleingartenanlage ausgewiesen – laut dem Vorsitzenden des Vereins, Bernd Eitner, „fälschlicherweise“. Denn das Landgericht Berlin habe im März 2019 die Einordnung als Kleingartenanlage im Sinne des BKleingG verneint. Im Flächennutzungsplan wird es als Grünfläche dargestellt. Auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung schrieb 2014 in einer Stellungnahme: „Gegen die mit dem Bebauungsplanverfahren beabsichtigte Festsetzung der Kleingartenanlage Falkenhöhe 1932 als Dauerkleingärten bestehen aus kleingartenrechtlicher Sicht erhebliche Bedenken.“
Das Bezirksamt möchte trotzdem neue Kleingartenpachtverträge einführen und hat Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegt. Bewohner*innen der „Garten- und Siedlungsanlage“ wollen sich gegen die Pläne des Bezirksamts „weiter vehement zur Wehr setzen“. Sie wollen Falkenhöhe in eine Kleinsiedlung entwickeln, die „die Traditionsanlage in seiner gesamten Nutzungs- und Gartenvielfalt – von der Gärtnerei über die Erholungs- und Sommerwohnnutzung bis hin zum Dauerbewohnen – unter sozialen Gesichtspunkten dauerhaft sichert“.
Das Bebauungsplanverfahren ist derzeit angehalten. Aus dem Büro von Baustadträtin Birgit Monteiro (SPD) heißt es: In Kenntnis der uneinheitlichen Position des Vereins und den Bedenken der Senatsverwaltung ließe sich derzeit noch nicht sagen, ob dieses Verfahren im Ergebnis zur Festsetzung einer Kleingartenanlage oder ggf. eines Erholungsgebietes führe. Bindende Vorgaben einer Senatsverwaltung oder des Abgeordnetenhauses, insbesondere die Überprüfung der zivilrechtlichen Pachtverhältnisse betreffend, gebe es dabei jedoch nicht. „Die Äußerungen von Betroffenen und der Senatsverwaltungen wurden und werden jedoch sehr wohl zur Kenntnis genommen und werden in die Überlegungen zur Zukunft des Gebietes weitestmöglich einbezogen“, so Christian Paulus, Referent von Monteiro.
„Dass das Gebiet aktuell nicht dem Bundeskleingartengesetz entspricht, ist überdeutlich“, so Paulus. „Es entspricht aber auch nicht einem Kleinsiedlungsgebiet oder gar einem Wohngebiet oder sonst einer rechtlich normierten Gebietsform. Eine einfache Privatisierung kommunaler Flächen zu Lasten der Allgemeinheit entspricht dagegen nicht dem vom Bezirksamt zu wahrenden öffentlichen Interesse bei der Verwendung kommunaler Flächen.“
Laut Bezirksamt wurde die Anlage Falkenhöhe einst als Kleingartenkolonie gegründet. Der Verein „Garten- und Siedlungsanlage Falkenhöhe 1932 e.V.“, habe bis zu einer Satzungsänderung 2017 und der Trennung vom Bezirksverband noch den Namen „Kleingartenverein Falkenhöhe 1932 e.V.“ geführt, wie auf der Webseite des Vereins auch bestätigt werde. Dort heißt es, man habe die Satzung „den tatsächlichen Verhältnissen angepasst“ und den Namen geändert.
Für Paulus ist die planungsrechtliche Ausgangssituation klar: „Die Anlage befindet sich nicht innerhalb eines Bebauungszusammenhangs mit anderen Siedlungsgebieten.“ Der Flächennutzungsplan des Landes Berlin sehe hier eine Grün-Nutzung vor. An diese übergeordnete Planung sei das Bezirksamt bei der Aufstellung von Bebauungsplänen gebunden. Zudem sei das Gelände für ein Wohngebiet unzureichend erschlossen. Sollte ein Wohngebiet beschlossen werden, müssten Wege verbreitert und Frisch- und Abwasserversorgung verbessert werden. „Die geringe Grundstücksgröße der einzelnen Parzellen lässt die Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebiets ebenfalls nicht zu.“
Das Bezirksamt hat eine neue Mitarbeiterin angestellt, die sich allein um die neuen Verträge kümmern soll. Aus Falkenhöhe wirft man dem Bezirksamt daraufhin Geldverschwendung vor. Stadtrat Wilfried Nünthel (CDU) sagte am Donnerstag auf Nachfrage, die Verträge mit den Pächtern müssen durch den Bezirk gestaltet werden und diese Aufgabe könne nicht an Dritte, sprich an den Verein aus Falkenhöhe, gegeben werden. Die neue Mitarbeiterin wird die Flächen verwalten. Es seien über 300 Verträge, diese werde damit sicherlich ein Jahr lang beschäftigt sein und keine anderen Aufgaben haben.
Die Fronten sind verhärtet: Bürger*innenmeister Michael Grunst (Linke) lehnte letztes Jahr eine Einladung in die Anlage ab – ohne Gründe zu nennen. Am Donnerstag lud Vereinsvorsitzender Eitner Grunst erneut ein. „Bis jetzt haben wir das Gefühl, es werde nur am Runden Tisch in der Theorie entschieden“, sagte er. Grunst erwiderte: „Zum Dialog gehören zwei und dazu gehört auch Respekt voreinander.“ Er wolle sich auf einer sachlichen Ebene austauschen.
„Wir reden hier immer noch über kommunales Eigentum“, sagte Grunst dann noch. Der Fall werde vor Gericht geklärt. Der Dialog werde unter den zuständigen Fachstadträten weitergeführt. Dieses werden auch die Gespräche führen, und nicht er selbst. „Unglaublich, Frechheit“ riefen die Anwohnenden, die aus Falkenhöhe zur BVV gekommen waren, und verließen den Saal.
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-r.klages@tagesspiegel.de