Intro

von Masha Slawinski

Veröffentlicht am 17.11.2020

„Es ist dein gutes Recht, misstrauisch zu sein. Aber wenn es bei dem Misstrauen in Richtung Holocaustleugnung, gegen Minderheiten und eine demokratisch gewählte Regierung geht, ist der Punkt, wo du überlegen musst, mit wem du dich gemein machst.“ Das sagte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) am Montag während einer Online-Veranstaltungsreihe der „Partnerschaften für Demokratie Marzahn und Hellersdorf. Diese sind ein Netzwerk von Akteur*innen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, freien Trägern, der Anwohnerschaft und Wissenschaft.

Im Mittelpunkt des ersten Treffens stand die Frage, ob sich unsere Demokratie in einer Vertrauenskrise befindet. Einer der 42 Teilnehmenden, der Erziehungswissenschaftler Wilhelm Berghan von der Universität Bielefeld, stellte die Ergebnisse der Mitte-Studie im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung vor, in der es um antidemokratische Einstellungen in der deutschen Bevölkerung geht. 2.000 Menschen wurden telefonisch danach befragt, wie es um ihr Vertrauen in die Demokratie bestellt ist. Die Ergebnisse waren in meinen Augen ermunternd: Insgesamt erscheint das Demokratievertrauen der Bevölkerung stabil. Rund 86 Prozent der Befragten hielten es für unerlässlich, dass Deutschland demokratisch regiert wird und etwa 93 Prozent sind der Ansicht, dass die Würde und Gleichheit aller an erster Stelle stehen sollte. Natürlich hat Berghan das weiter abgestuft und differenziert. Die Ergebnisse der Studie finden Sie hier.

Guckt man sich das aktuelle Geschehen an, ist das mit dem stabilen Vertrauen in die Demokratie schwer vorstellbar: Für Mittwoch rief die „Querdenken“-Initiative dazu auf, den Bundestag zu blockieren, der Änderungen am Infektionsschutzgesetz beschließen will. Die geplante Demonstration wurde von den Veranstaltenden nun abgesagt. Im Internet kursieren trotzdem Memes, die die neue Coronaverordnung mit der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetz im März 1933 vergleichen – was damals die Demokratie in Deutschland beendete und den Weg in den Zweiten Weltkrieg bereitete.

Am Gedenktag für die Kriegstote und Opfer der Gewaltherrschaften, dem Volkstrauertag, hat nun der Marzahn-Hellersdorfer Stadtrat Thomas Braun (AfD) in einer Trauerrede die Pandemieregeln kritisiert. „Kontaktverbote, Quarantäne, Maskenpflicht, Lockdown, mit der Vernichtung von bürgerlichen Existenzen und Volkswirtschaften, scheint das probate Mittel der Politik gegen den angeblich drohenden Untergang der Menschheit“, sagt er in einem Video, in dem außerdem der AfD-Abgeordnete Gunner Lindemann ankündigt hat, am Mittwoch vor dem Bundestag „spazieren“ gehen zu wollen (wobei das nun ausfällt).

Zu den Teilnehmenden des Online-Talks über Demokratie gehörte übrigens auch Matthias Schröder. Er hat gemeinsam mit der Amadeu-Antonio-Stiftung an einer Seite gearbeitet, die hilft, auf rassistische Aussagen zu reagieren. Das Projekt der Stiftung konzentrierte sich auf Antisemitismus: In einer Datenbank wurden Vorurteile gegen die jüdische Kultur gesammelt und auseinandergenommen. Die Idee finde ich ziemlich genial.