Kultur

Leserkritik zur Ausstellung „Zeitumstellung“ im Schloss Biesdorf

Veröffentlicht am 30.03.2021 von Paul Lufter

Nach Öffnung der Museen und Galerien gehörte unser Leser Michael Wiedemann zu den ersten Besucher*innen, die die neue Ausstellung „Zeitumstellung“ im Schloss Biesdorf besuchen durften. Wiedemann war so freundlich, seine Eindrücke für uns aufzuschreiben. Der 64-jährige Handelskaufmann aus Mahlsdorf kuratiert selbst seit ca. zehn Jahren Kunstausstellungen in ganz Deutschland, vornehmlich zur Thematik „DDR“ und die in allen Facetten. Im Bezirk ist er auch durch die Reihe „Kostbarkeiten“ bekannt, in der er mittlerweile schon elf Ausstellungen aus diesem Bereich im Rathaus Marzahn organisiert hat. Jetzt lassen wir aber Wiedemann zu Wort kommen:

Am 22.03.2021 war ich in der glücklichen Lage, das erste Zeitfenster um 10 Uhr zu ergattern, um die Kunstausstellung „Zeitumstellung“ anzuschauen. Um es vorwegzunehmen: Gelungen! In diesem Kooperationsprojekt zwischen dem Schloss Biesdorf und dem Kunstarchiv Beeskow ist es der Kuratorin Elke Neumann tatsächlich gelungen, deutsche Kunst aus der DDR in einer Vielfältigkeit und Genauigkeit zu präsentieren, wie selten erlebt. Keine pädagogische oder interpretatorische Keule stört den Betrachter. Im Gegenteil, nur die Bilder sprechen für sich, denn es ist so wunderbar gelungen, den geneigten Besucher durch Werke der Propaganda, des Protestes bis hin zur naiven Malerei bzw. Verklärung zu führen. Einige TV-Schnipsel kann hören und sehen, wer will.

Besonders einprägsam bleibt für mich das Gemälde „Wochenende“ des Malers Helmut Staake aus dem Jahre 1981. Umgeben vom märkischen Kiefernwald, in typischer Monokultur rahmen tausende dünne Stämmchen eine Schrebergartenidylle ein. Diese Idylle kann man sowohl nach Brandenburg (TESLA-Baustelle) , nach Niedersachsen oder nach Oberfranken exportieren und  spiegeln, ganz wie beliebt. Ich habe Werke von Joachim Bayer, über Harald Metzkes, Ellen Fuhr, Michael Hegewald, Fritz Duda, Thomas Ziegler bis Doris Kahane genießen dürfen, die vorher noch nie oder sehr selten zu sehen waren. Ja, und das macht diese Kunstausstellung so überraschend, so neu, so liebenswert, ein paar Grausamkeiten inclusive.

Ergänzend dazu wird unaufdringlich, aber präsent die Geschichte von Vertragsarbeitern aus Mozambique erzählt, die eine Ausbildung und Arbeit in der DDR erhalten hatten und nach Ihrer Rückkehr von ihrer mozambiquanischen Regierung um ca. 100 Mio. US geprellt wurden. Ja, Hausherrin Karin Scheel hat 100 Prozent gegeben und die sind ihr zu 100 Prozent gelungen.

Falls Sie neugierig geworden sind auf der Webseite des Schlosses können Sie jetzt einen Termin für einen Besuch der Ausstellung reservieren.