Kultur
Auf Zeitreise mit dem Erbauer Marzahns
Veröffentlicht am 06.02.2024 von Steffi Bey
Er gilt als der Erbauer Marzahns: Architekt Wolf-Rüdiger Eisentraut. Zu seinen bekanntesten Gebäuden gehören das Freizeitforum Marzahn, das Rathaus Marzahn und das Kino Sojus. Das Bezirksmuseum widmet ihm derzeit eine Ausstellung: „Zweifach war des Bauens Lust“.
Unter diesem Motto lud das Museum jetzt zum Ausstellungsgespräch mit dem 80-jährigen Architektur-Professor, inmitten der zahlreichen Ausstellungsstücke. „Es ist zwar ein bisschen eng, aber wir sind hautnah am Geschehen und die Atmosphäre ist dadurch besonders“, sagte Museumschefin Dorothee Ifland.
Viele Gäste schauten sich vor Beginn des Gesprächs in den drei Räumen um: Sie gingen auf Zeitreise und tauchten ins Schaffen Eisentrauts ein, betrachteten Modelle, Skizzen, darunter auch erste Ideen, die er einst auf Kneipenzettel gemalt hatte. Zu sehen sind außerdem Dokumente, Fotografien und Zeitungsartikel. Es gibt ebenso Video- und Hörstationen.
Eine ältere Dame äußerte sich erstaunt, dass Eisentraut auch als Bühnenbildner seine Kreativität entfaltete. „Das wusste ich bisher nicht“, so die Mahlsdorferin. Aber das war nicht das einzige Neue, was sie und die anderen Zuhörer beim Ausstellungsgespräch erfuhren.
Der 80-jährige Professor plauderte beim Gespräch elegant und pointiert aus seinem Architektenleben. Die Fragen stellte der Kurator der Ausstellung, Oleg Peters (auf dem Foto rechts neben Eisentraut). Der Professor erwähnte auch sein neueste Buch – die Ausstellung hat den Titel übernommen – in dem es praktisch um zwei Architektenleben in einer Person geht: eines in der DDR und das andere im vereinigten Deutschland. „Beide sind geprägt vom Engagement für Bauen und Baukultur“, sagte Wolf-Rüdiger Eisentraut.
Er berichtete über politische und wirtschaftliche Zwänge und seinen Umgang damit. Er sprach unter anderem über „einen neuen industrialisierten Städtebau“ der in den 1970er Jahren entstand: Und nennt es „Scheibenbauweise in leerer Landschaft“. „Die rationellen Montagemethoden gingen auf Kosten der Architektur“, sagte er. Denn das entscheidende wirtschaftliche Kriterium war die Masse. „Was dazu führte, dass die Wohnhäuser von Sassnitz bis Klingenthal alle gleich aussahen.“
Er selbst habe versucht, als „Komplexarchitekt in Marzahn“ und damit Verantwortlicher für ein ganzes Gebiet, mit vielen Fachplanern zu kooperieren. „Ich wollte moderne Architektur, die mit mehr Elementen, wie beispielsweise Erker, eine Beziehung zu den Menschen öffnet“, erklärte der Professor. Und betonte: „Es war in Marzahn, vom Bahnhof bis zum Kulturhaus eine schöne Zeit – auch wenn nicht alles so geworden ist, wie ich wollte.“
Während des fast zweistündigen Gesprächs ging es unter anderem auch um Architektur und Kunst. Als gelungenes Beispiel nannte der Marzahn-Erbauer das Deckengemälde im Freizeitforum Marzahn. Natürlich sprach er außerdem über seinen Anteil beim Bau des Palastes der Republik und berichtete amüsiert: „Auch das neue Berliner Stadtschloss wird praktisch durch eine von mir damals geschaffene und noch vorhandene Spundwand gehalten.“
Mehrere Besucher tauschten sich nach dem Ausstellungsgespräch mit dem Professor aus. Einige bedauerten, dass manches Thema zu kurz gekommen sei und während der Veranstaltung keine Fragen gestellt werden konnten. Museumschefin Dorothee Ifland versprach: „Wir werden wieder eine Veranstaltung mit Wolf-Rüdiger Eisentraut organisieren, bei der es dann um Aktuelles beim Um- und Ausbau des Wohnungsbestandes geht.“ – Foto: Steffi Bey
- Geöffnet ist „Zweifach war des Bauens Lust. Der Architekt Wolf R. Eisentraut“ im Bezirksmuseum, Alt-Marzahn 51 (Haus 1), bei freiem Eintritt bis zum 3. November Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr sowie am ersten Sonntag im Monat 11 bis 17 Uhr.