Namen & Neues
Der Biesdorfer Bilderstreit
Veröffentlicht am 19.12.2017 von Ingo Salmen
Das war eine gewaltige Überraschung, beinahe versteckt vorgetragen von Kulturstadträtin Juliane Witt: Die Grün Berlin hat urplötzlich den Vertrag für das Schloss Biesdorf gekündigt. Das Zentrum für Kunst und öffentlichen Raum wird an dieser Stelle ab dem 1. Februar Geschichte sein – aber voraussichtlich auf den künftigen Spreepark in Plänterwald übertragen. Die Linken-Politikerin verkündete am Donnerstag in der BVV gleich einen Notfallplan: Die Galerie M muss ihren Standort Marzahner Promenade aufgeben – denn die Leiterin Karin Scheel muss nun das Schloss übernehmen. Auch das Aus für die Galerie M in alter Form sorgte für großes Staunen – genauso wie das Tempo, mit dem Witt überhaupt eine Lösung parat hatte.
Bei der Grün Berlin wollen sie das sogar als Anzeichen für eine Strategie sehen: Der Bezirk habe das ZKR womöglich bewusst auflaufen lassen, als ein Ausgleich für fehlende Einnahmen nicht bewilligt wurde – weshalb die landeseigene Firma ein sechswöchiges Sonderkündigungsrecht ausübte. Wer Witt kennt, weiß jedoch auch, wie impulsiv sie manchmal voranschreitet. Hier spricht vieles dafür, dass sie einfach aus der Not eine Tugend machte: Wer sonst als die einzige angestellte Galeristin des Bezirks soll in so kurzer Zeit einspringen? Was hinter dem Verdacht steht, ist die nicht zu leugnende Tatsache, dass ZKR und Bevölkerung nie richtig miteinander warm geworden sind (lesen Sie hier meine ausführliche Analyse). Auch aus der Politik waren in diesem Jahr keine flammenden Plädoyers für das Konzept zu hören. Zeit hat die Grün Berlin nicht wirklich bekommen – doch dem Konzept hat es auch an Klarheit gefehlt. Auf den ersten Blick war es eine von vielen weiteren Galerien in Berlin, nur eben am Rande der Stadt. Bis vor zwei Jahren war nur von einer „Galerie Bilderstreit“ die Rede, die vielen bis heute vorschwebt: Kunst der DDR im Mittelpunkt, doch die spielte nun nicht mehr die dominierende Rolle.
Wer nun glaubt, dass sich 2018 alles wandelt, wird sich irren. Auch die Galerie M steht seit jeher für die Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum. Das werde sie auch im Schloss Biesdorf fortsetzen, sagte Karin Scheel mir heute – nur wird sie das künftig nicht nur mit zeitgenössischen Arbeiten kombinieren, sondern genauso auch mit dem kulturellen Erbe des Ostens. Das ist nicht so weit weg von dem, was auch das ZKR gemacht hat, auch wenn jede Kuratorin eigene Akzente setzt. Vorerst arbeitet Scheel daran, die aktuelle Ausstellung des ZKR bis April fortführen zu können. Danach will sie Ausstellungen, die für die Marzahner Promenade vorgesehen waren, auf das Schloss anpassen. Ihr Vorteil: Sie ist in der Berliner Kunstszene verwurzelt – und im Bezirk.