Namen & Neues

Gomringer-Gedicht kommt runter - ein neues an die Wand

Veröffentlicht am 23.01.2018 von Ingo Salmen

Die Alice-Salomon-Hochschule hat an diesem Dienstag über die Gestaltung ihrer Südfassade entschieden. Nach den monatelangen Debatten um das Gedicht „avenidas“ von Eugen Gomringer mit weltweiter Resonanz fiel die Abstimmung im Akademischen Senat ziemlich eindeutig aus. Acht von zwölf Stimmen gab es für den Vorschlag der Hochschulleitung: Demnach soll ein Gedicht der aktuellen Poetik-Preisträgerin Barbara Köhler Gomringers Werk im Herbst 2018 ersetzen. Köhler hatte selbst bei einer Podiumsdiskussion im November angeregt, regelmäßig ein neues Gedicht anzubringen. Ihre Bedingung für eine Schenkung war jedoch, vorher mit den Hochschulangehörigen das Werk zu diskutieren. Das soll im Sommersemester erfolgen. Nach der Entscheidung des Senats soll nun alle fünf Jahre die Fassade auf diese Weise mit einem Gedicht einer Preisträgerin oder eines Preisträgers neu gestaltet werden.

„avenidas“ soll dennoch erhalten bleiben: auf einer Tafel an der Außenwand mit Erläuterungen auf Spanisch, Deutsch und Englisch. Kritiker fühlten sich durch das Gedicht an sexistische Erfahrungen von Frauen erinnert. Hochschulrektor Uwe Bettig hat die Entscheidung Gomringer bereits telefonisch mitgeteilt und ihm angeboten, die Tafel mitzugestalten. Der 93-Jährige, einer der Begründer der Konkreten Poesie, habe darin auch eingewilligt. Als Alternativen lagen dem Senat ein Zitat der Namensgeberin Alice Salomon und ein Gedicht der afro-deutschen Dichterin May Ayim, einer früheren Lehrbeauftragten an der ASH, vor. Sie hatten bei der hochschulinternen Vorauswahl die meisten der 1433 Stimmen erhalten. Am Dienstag aber entfiel auf sie nur jeweils eine Stimme, bei zwei Enthaltungen. In der Entscheidung für die regelmäßigen Wechsel und die damit verbundene Auseinandersetzung sieht Rektor Bettig „ein klares Bekenntnis zur Kunst“. Es ist vermutlich die beste Lösung in einer unseligen Debatte. Ingo Salmen