Namen & Neues

Die Eltern der Kolibri-Grundschule schlagen Alarm

Veröffentlicht am 29.05.2018 von Ingo Salmen

„Die größte Hellersdorfer Grundschule geht unter, Herr Regierender Bürgermeister Müller!“, ist eine Online-Petition überschrieben, mit der sie sich direkt an Senatschef Michael Müller (SPD) wenden. Die Schule platzt aus allen Nähten, was allein schon ein Problem ist. Doch rapides Wachstum paart sich gleichzeitig mit baulichen Mängeln, deren Behebung lange auf sich warten lässt. „Unsere Kinder, die Mädchen und Jungen der Kolibri-Grundschule, haben keinen Platz zum Lernen, Spielen, Essen, können bald auch keinen Sport mehr treiben und nicht angemessen ihre Notdurft verrichten.“

Ein enormes Wachstum zieht mehrere Probleme nach sich. Die Schule sei ursprünglich auf 350 Kinder ausgelegt worden, schreibt die Gesamtelternvertretung in ihrer Petition. Binnen vier Jahren habe sich die Schülerzahl mehr als verdoppelt. Zum vierten Mal in Folge würden zum neuen Schuljahr sechs erste Klassen gebildet und somit bald 800 Schüler von 90 Pädagoginnen und Pädagogen unterrichtet, ein Teil bereits ausgelagert an die Sabine-Ball-Schule. Nun würden die letzten verbliebenen Fachräume zu Klassenzimmern umgebaut, es gebe keine Rückzugsmöglichkeiten mehr für Schüler, in der dritten Etage teilten sich 250 Kinder sechs Toilettenbecken. „Unvorstellbare Zustände“, schreiben die Eltern. Sie fürchten auch um die Sicherheit ihrer Kinder, sollte die Schule einmal im Notfall evakuiert werden müssen. „Das beherrscht kein Team.“

Demgegenüber gibt es seit Jahren großen Sanierungsbedarf. „Der Schulhof ist in einem katastrophalen Zustand, eine Brache, mit nur wenigen nutzbaren Bereichen, aber dafür mit vielen gefährlichen Stellen“, berichten die Eltern. Seit 2015 kämpfe die Schule für eine Erneuerung, Kosten: 800.000 Euro. Das Geld stehe bereit, aber statt im Jahr 2018, wie zugesichert, sei nun erst im zweiten Quartal 2019 mit einem Baubeginn zu rechnen. Von den beiden Sporthallen der Schule sei eine wegen eines völlig maroden Fußbodens bereits gesperrt. Der zweiten stehe das aus demselben Grund bald bevor. Noch Mitte März habe das Bezirksamt eine Sanierung beider Hallen bis Ende des Jahres zugesichert. Doch die ist bekanntlich (vgl. Leute-Newsletter vom 2. Mai) wegen Personalmangels auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Ein eigenes Thema ist die Mensa. Die verfüge über 94 Plätze, was im Alltag reiche, um rund 200 Kinder über Mittag zu versorgen, wie die Eltern berichten. Inzwischen essen jedoch 650 Kinder in der Schule. Die Konsequenz: „Die gesamte Planung der Schule, von den Pausen bis zur Stundenplanung, ist auf das Mittagessen ausgerichtet.“ Nach vielen Jahren der Improvisation sollte der dringend benötigte Umbau endlich 2018 erfolgen. Der Bezirk wollte dafür 750.000 Euro aus dem Topf für baulichen Unterhalt nehmen. Dieses sei aber vom Senat abgelehnt worden, weil es sich vielmehr um eine Investition handele. Die Folge: zwei Jahre Verzögerung. Als Zwischenlösung sei nun die Nutzung des Mehrzweckraumes für das Mittagessen im Gespräch. Damit werde der Schule jedoch der einzige große Raum für Veranstaltungen und Feierlichkeiten genommen, beklagen die Eltern.

Trotz allem loben sie die Schule in den höchsten Tönen. Das Personal bemühe sich, „gravierende Probleme der schulischen Infrastruktur auszugleichen“, die Aktivitäten in der Schule und außerhalb seien beispiellos, die Ergebnisse überdurchschnittlich, die Kinder gerne dort. Nur eines ist verloren gegangen: das Vertrauen in die Politik. Die Eltern gebrauchen dafür harte Worte: Land und Bezirk ist in ihren Augen die Zukunft der Schule und ihrer Kinder „völlig egal“, von „torpedieren“ und „abwirtschaften“ ist die Rede. „Wir, die Eltern der Kolibri-Grundschule, fordern Sie auf, all Ihren Einfluss geltend zu machen und Kraft Ihres Amtes gegen Ihren eigenen Senat und das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf vorzugehen“, schreiben sie dem Regierenden, um „ständige Kompetenzstreitigkeiten auf dem Rücken unserer Kinder zwischen den Fachbereichen des Senates und dem Bezirksamt zu unterbinden“.

Rund 1300 Unterschriften haben die Eltern schon gesammelt. Die verschiedenen Missstände waren auch schon wiederholt Gegenstand kritischer Anfragen  in der BVV und werden es an diesem Donnerstag wieder sein, ohne dass sich spürbar etwas geändert hätte. Am Sonnabend hatte die Schule zum Frühlingsfest geladen, das auch der zuständige Bezirksstadtrat Gordon Lemm (SPD) erschien. „Für alles gibt es Lösungen, die möchte ich umsetzen“, schrieb er anschließend auf seiner Facebook-Seite. „Ob das auch schnell genug geht, müssen wir mit den anderen Ämtern besprechen.“