Namen & Neues
Bürgerinitiative Lemkestraße
Veröffentlicht am 11.09.2018 von Paul Lufter
Alle Stühle waren besetzt am gestrigen Abend bei der Einwohnerversammlung zur Lemkestraße. Anwohner*innen und Leute aus der Umgebung hatten sich versammelt, um dem Antrag der Bürgerinitiative zum Erhalt des Feldsteinpflasters in der Lemkestraße und im Wohngebiet Mahlsdorf zuzuhören und um mitzudiskutieren. Als Vertreter der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) waren Bezirksbürger*innenmeisterin Dagmar Pohle (Die Linke), Verkehrsstadtrat Johannes Martin (CDU) sowie als Moderator der stellvertretende Vorsitzende der BVV Klaus-Jürgen Dahler anwesend. Die Bürgerinitiative wurde durch ihren Sprecher Marco Hoffmann vertreten.
„Wir wollen den Erhalt des Wohngebietes“, so Hoffmann und legt anschließend die Liste der Forderungen dar. Man wolle in der Lemkestraße den Erhalt der historischen Bausubstanz sowie der Bäume. Die Initiative möchte nicht, wie es eine Variante vorsieht, dass die Straße asphaltiert wird. Sie befürchtet durch die Sanierung mehr Durchgangsverkehr. Ebenfalls problematisch sieht man die mit der Sanierung einhergehende Erhöhung der Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 auf 50. Man wähnt die Errichtung einer potenziellen Rennstrecke mit Gefahr für die Kinder, die über die Lemkestraße müssen, um zur Schule und zur Kita zu kommen.
Durch den zusätzliche Verkehr steige außerdem der Geräuschpegel und die Schadstoffemission. Viele hätten deswegen Sorge um einen Wertverlust ihrer Immobilie. „Es geht der historische Charakter verloren“, so Hoffmann. Mittelfristig wolle man außerdem die Schaffung einer Verkehrslösung außerhalb des Wohngebietes sowie einen Denkmalschutz für das Wohngebiet Mahlsdorf Nord, einschließlich aller Straßen mit Feldsteinpflaster.
„Wir befinden uns im Moment im Bereich der Vorplanung“, so Verkehrsstadtrat Martin. Was den Denkmalschutz angeht, müsse er die Initiative enttäuschen. Die Behörde hat auf Anfrage dem Feldsteinpflaster zwar eine ortsgeschichtliche Relevanz zugesprochen, jedoch bestünde keine Denkmalwürdigkeit. Das Thema Bäume in der Lemkestraße hatte vor einigen Wochen bereits die BVV beschäftigt (Ingo Salmen berichtete). Martin wiederholte, dass die 19 fraglichen Bäume gefällt werden müssen, unabhängig von den Baumaßnahmen, da laut den Baumgutachten bei ihnen die Standsicherheit nicht mehr gegeben ist. Durch die Neigung der Bäume in Richtung Straße hätte auch eine Sanierung des Bürgersteiges eine Auswirkung auf den Baumbestand. Jedoch verspricht er, dass im Zuge der Sanierungsmaßnahmen der Baumbestand gleich bleibe bzw. sogar aufgestockt werden könne.
„Wir wollen Verkehrssicherheit für alle“, ergänzt Martin. Die Gehwege sollen verbreitert werden und die Straße von 8 Metern Breite auf 6,5 Meter verschmälert werden. „Dadurch besteht auch nicht die Gefahr, dass die Lemkestraße zu einer Rennstrecke wird“, so Martin. Außerdem sollen die Parkmöglichkeiten erhalten bleiben, wobei noch zu klären ist, in welcher Variante dies geschieht. Am Ende zählt er die verschiedenen Sanierungsmöglichkeiten auf: Asphaltierung, Neuverlegung des Kopfsteinpflasters oder eine Kombination. „Einen Erhalt bzw. eine Sanierung des bestehenden Pflasters ist aufgrund des Zustands des Pflasters ausgeschlossen“, so Martin am Ende.
Zeit für das Bürger*innenmikrofon. Einige Vertreterinnen der Grünen, die sich zu Wort melden, zweifeln das Baumgutachten an. Eine Diskussion, über die der Kollege Salmen bereits vor fast zwei Monaten berichtete. Martin hatte sich zu dieser Kritik bereits geäußert. Eine Vertreterin der SPD zweifelt dagegen am Gutachten zur Denkmalwürdigkeit. Bezirksbürger*innenmeisterin Pohle beäugte diese Äußerungen kritisch: „Ich bitte doch um mehr Sachlichkeit. Die Mitarbeiter der Behörden haben nach fachlichen Grundsätzen gehandelt.“
Die Anwohner*innen sorgen sich vor allem um die Erhöhung der Durchfahrtsgeschwindigkeit und die damit verbundenen Gefahren für ihre Kinder. Einige ärgert es außerdem, dass aus ihrer Straße nun ein Politikum gemacht wird und vor allem Politiker*innen bei dieser Veranstaltung das Wort haben. „Ich wusste nicht, dass das hier eine Parteiveranstaltung ist“, meint ein Mann. Viele nicken zustimmend.
Die Bezirksbürger*innenmeisterin dankte den Bürger*innen für ihre Anmerkungen und betonte noch einmal, dass man bereit sei, in den Dialog mit den Anliegern zu treten. Bezirksstadtrat Martin schloss sich dem an. Auch er sehe die Notwendigkeit eines direkten Gespräches mit den Anlieger*innen der Lemkestraße. Am Ende kochte die Stimmung noch einmal hoch, als Moderator Dahler, der gerade dabei war die Sitzung zu beenden, eine erneute Nachfrage zum Thema Erhöhung des Tempolimits abwürgte. Viele Zwischenrufe aus dem Publikum waren die Folge. Einige sehen sich in ihren Befürchtungen bestätigt, dass die Politik hier keine Antwort hat.
„Es war wie zu erwarten“, meint der Bezirksstadtrat im Anschluss. Er könne die Sorgen der Anlieger verstehen, die viel in ihre Eigenheime investiert haben. Auch er würde gerne Tempo 30 für die Lemkestraße durchsetzen, aber das liege nicht in Bezirkshand. Die zuständige Senatorin Regine Günther habe ihm dazu eine Absage erteilt. „Es ist nun mal auch keine Anliegerstraße, sondern eine Sammelstraße. Im Norden der Lemkestraße gibt es außerdem bereits Tempo 50 und dort rast niemand“, so Martin abschließend.
„Keiner hier will die Asphaltierung“, so Hoffmann im Gespräch. „Die Anwohner, die die Anträge dazu gestellt haben, leben größtenteils nicht mehr hier.“ Laut ihm hat sich das Wohngebiet in den vergangenen Jahren stark verändert. Vor allem durch den Zuzug junger Familien hätten sich die Bedürfnisse stark gewandelt. Es wird nicht die letzte Veranstaltung zur Lemkestraße gewesen sein. So wie es aussieht, hat man hier noch einen langen Weg vor sich.