Namen & Neues

Sharing-Wüste Stadtrand

Veröffentlicht am 12.03.2019 von Ingo Salmen

„Sharing is caring“, heißt es so schön, wer teilt, der kümmert sich. Doch um die Außenbezirke kümmert sich beim Carsharing und Bikesharing bislang niemand so richtig. Vergangene Woche habe ich an dieser Stelle dargelegt, warum die Vorstellungen von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) für eine neue Art der Fortbewegung in Berlin von der Lebensrealität vieler Bewohner des Stadtrands noch meilenweit entfernt sind. Tags darauf veröffentlichte die Initiative „Agora Verkehrswende“ ihre Analyse der Fahrradverleihsysteme in Berlin (hier ist das gesamte Dokument erhältlich). Dieses Bild zeigt eindrucksvoll, dass Marzahn-Hellersdorf bislang Sharing-Wüste ist. Eigentlich gilt das für alle Außenbezirke, während innerhalb des S-Bahn-Rings reichlich Räder vorhanden sind. In MaHe ist es besonders krass: Dorthin haben sich binnen einer Woche nur zwei Mobikes verirrt – so gerade mal über die Bezirksgrenze. Unter dem Tweet entwickelte sich eine rege Diskussion: Leihräder sollen auch schon in Biesdorf-Süd und am Bahnhof Wuhletal gesichtet worden sein. Der wurde auch gleich als Bikesharing-Station empfohlen – sozusagen als „Tor zum Nordosten“.

Was sagt ein heimischer Fahrradfreund zum Sharing? Ich habe den Biesdorfer Pascal Grothe, der sich schon wiederholt in die Verkehrsdebatte eingebracht hat, um eine Stellungnahme gebeten. „Die seit Jahren in der Innenstadt vorhandenen Angebote sollten endlich auch in Marzahn-Hellersdorf verfügbar werden“, schrieb er – und verwies auf die Millionenzuschüsse des Landes für den Anbieter Nextbike. „Wieso wird etwas gefördert, wovon nicht alle Berliner gleichermaßen profitieren?“ Grothe nannte noch einen weiteren Aspekt: „Solange keine ausreichenden Sharing-Angebote verfügbar sind, spielt auch die Fahrradmitnahme eine wichtige Rolle.“ Bei jeder Fahrt sei ein Extraticket fürs Fahrrad zu lösen, egal ob im
Berufsverkehr oder nachts in einer leeren U-Bahn. Im Bus sei eine Mitnahme gar nicht erst möglich. „Das ist gerade in den Außenbezirken, wo viele Verbindungen zwischen den Bezirken ausschließlich durch Busse angeboten werden, ungünstig.“ Nun will er daraus nicht der Forderung ableiten, zugunsten der Fahrräder weniger Passagiere mitzunehmen. Doch die Unzulänglichkeiten bei der Verknüpfung verschiedener Verkehrsmittel sind offensichtlich.

Wenigstens beim Carsharing zieht ein wenig Hoffnung am Horizont auf. Vom Berlkönig der BVG ist zwar noch nichts zu sehen. Doch auf die Analyse von vergangener Woche meldete sich der Sprecher des privaten Anbieters CleverShuttle. Dabei handelt es sich um einen „RidePooling-Fahrdienst“. Einfacher gesagt: Wie der Berlkönig ist CleverShuttle eine Mischung aus Taxi, Anruf-Sammeltaxi und Mitfahrgelegenheit. Per App kann man eine Fahrt buchen, das System kombiniert dann möglichst mehrere Wünsche zu Fahrgemeinschaften, die von einem Fahrer mit elektro- oder wasserstoffbetriebenem Kleinbus abgeholt werden. 300 Quadratkilometer deckt das Betriebsgebiet in Berlin ab. CleverShuttle fährt von Nikolassee bis Hohenschönhausen, von Siemensstadt bis Karlshorst, heißt es. Hohenschönhausen, nicht Hellersdorf, aber immerhin.

Eine kuriose Anmerkung kam von unserem Leser Nikolaus Basedow aus Rahnsdorf. Er könne sich noch an einen Plan für eine Seilbahn von Friedrichshagen über Müggelsee, Müggelberge, Dahme bis Grünau erinnern, der aber „ganz schnell wieder in den Schubladen der Verkehrsverwaltung verschwand“, wie er schreibt. „Dabei würde eine solche transparente Kabinenbahn den ganzen Südosten aufwerten.“ Ich habe darüber bisher nichts herausfinden können. Wer weiß mehr? Sachdienliche Hinweise bitte per Mail.