Namen & Neues
Wo in Marzahn-Hellersdorf überall gebaut werden soll
Veröffentlicht am 12.03.2019 von Ingo Salmen
In den nächsten elf Jahren sollen in Marzahn-Hellersdorf tausende neue Wohnungen entstehen. Das geht aus dem „Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030“ (StEP) hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt. In ganz Berlin sieht das Land demnach ein Potenzial von 199.000 Wohnungen – die auch fast alle gebraucht werden, um die Nachfrage zu befriedigen, wie meine Tagesspiegel-Kollegen Frank Bachner und Christian Hönicke berichten. Rund die Hälfte soll von städtischen oder genossenschaftlichen Gesellschaften errichtet werden, um die Mieten bezahlbar zu halten. Doch nur ein Viertel der verfügbaren Flächen befindet sich überhaupt in Landesbesitz. Platz ist vor allem noch in den Außenbezirken, weshalb hier die meisten Wohnungen geplant sind – vor allem in Pankow und Lichtenberg. Der Südwesten, speziell Steglitz-Zehlendorf, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch heißt es in dem Papier, es werde eine „ausgewogene stadträumliche Verteilung“ der Neubauten angestrebt. Vorgesehen ist auch eine „Beschleunigung der Schaffung von Planungs- und Baurecht“. Dafür sollen die Senats- und Bezirksverwaltungen 100 neue Stellen erhalten.
Die StEP-Vorhaben werden nach Zeitraum und Zahl der Wohnungen sortiert. Als „kurzfristig“ gelten demnach Projekte, die in den nächsten drei Jahren umgesetzt werden könnten. „Mittelfristig“ realisierbar wären Vorhaben binnen sieben Jahren, „langfristig“ alles weitere bis 2030. Mittelgroße Vorhaben umfassen 200 bis 999 Wohnungen, große 1000 bis 1999 – und darüber hinaus gibt es einige ganz neue Stadtquartiere mit noch mehr Wohnungen, keines davon jedoch in Marzahn-Hellersdorf. 21 Standorte sind für diesen Bezirk aufgelistet, ausnahmslos kurz- und mittelfristig und bis auf einen alle im mittelgroßen Bereich zwischen 200 und 999 Wohnungen. Einige davon sind längst auf den Weg gebracht und befinden sich schon in der Realisierung. Andere sind allenfalls in der Vorbereitung. Einen globalen Prüfauftrag gibt es für den Stadtteil Hellersdorf: Dort soll ermittelt werden, inwieweit Siedlungen in kommunaler Hand mittels Nachverdichtung durch Neubauten oder Aufstockungen ausgebaut werden können.
Das sind die Vorhaben im Einzelnen: Mindestens 5000 neue Wohnungen sollen bis 2030 nach Wunsch des Senats in Marzahn-Hellersdorf entstehen. Das ist die Untergrenze. Tatsächlich dürften es einige Tausend mehr sein, eine genauere Angabe ist auf Basis des StEP nicht möglich. Kurzfristig, also binnen drei Jahren, wären an folgenden Standorten Neubauprojekte realisierbar – oder sind teilweise schon in der Umsetzung:
- Albert-Kuntz-Straße 50-60 / Louis-Lewin-Straße 99-107
- Gut Biesdorf (Alt-Biesdorf 21 / Weißenhöher Straße 69-89 / Stawesdamm)
- Joachim-Ringelnatz-Straße 4-12 / Cecilienstraße 183-197 (Ringelnatz-Siedlung Süd)
- Karl-Holtz-Straße 2-18 / Rudolf-Leonhaurd-Straße 7 A
- Lion-Feuchtwanger-Straße 21 / Gadebuscher Straße 25
- Louis-Lewin-Straße 58-62 / Forster Straße / Schwarzheider Straße
- Ludwig-Renn-Straße 48 (neu: 56, 58, 60, 62, 64)
- Märkische Allee 310 / Trusetaler Straße 84
- Martin-Riesenburger-Straße 38/40/42
- Tangermünder Straße 71/73, 79/81, 107
- Theodorstraße (2. Bauabschnitt) / Am Theodorpark 2-24 / Arturweg 3-68 / Reintrauweg 1-21 / Ellaweg 3-31 / Pilgramer Straße 305-339
- Weißenhöher Straße 70/80 (Gut Champignon, 3. Bauabschnitt)
- Zossener Straße 147/151 / Mittenwalder Straße 1/3
- Merler Weg / Allee der Kosmonauten / Marzahner Chaussee
Allein das letztgenannte Projekt fällt in die größere Kategorie B mit 1000 bis 1999 Wohnungen, die anderen in die kleinere Kategorie A. Lediglich 200 bis 999 Wohnungen sollen auch die mittelfristigen Vorhaben umfassen. Das sind im StEP:
- Chemnitzer Straße 8-26
- Gut Hellersdorf (Areal 03)
- Max-Hermann-Straße 14, 8 ,6 (südl. Ringkolonnaden)
- Mittenwalder Straße 2/4 + 10/12
- Oberfeldstraße 200-209 / Wildrosenweg 1-15 (Nachverdichtung)
- Parlerstraße / Großmannstraße / Hultschiner Damm 235-251
Zossener Straße 136/157 / Havelländer Ring 2/6/32/34 (Gut Hellersdorf – Areal 04)
Kleingartenanlagen sollen bis 2030 nicht mit Wohnungen bebaut werden. Darauf hat sich die rot-rot-grüne Koalition festgelegt. Allerdings will das Land ab 2020 bereits 15 Anlagen räumen lassen, um dort soziale Infrastruktur wie Schulen oder Kitas zu errichten. In Marzahn-Hellersdorf betroffen: die Biesdorfer Kolonie „Immergrün“. Doch dagegen regt sich Widerstand. Nach dem CDU-Abgeordneten Christian Gräff sprach sich jetzt auch die SPD-Parlamentarierin Iris Spranger für den Schutz der Anlage aus. „Ich setze mich auf jeden Fall dafür ein, dass die Kleingartenanlage ‚Immergrün‘ auch als Kleingartenanlage erhalten bleibt“, teilte sie mit. Spranger erneuerte ihre Forderung, erst einmal andere Potenziale zu nutzen. „Eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes wäre die sanftere Variante, um Wohnungsbau voranzutreiben“, sagte sie. „Die Menschen sollen auch weiterhin auf ihrer Scholle ein erholungswertes Refugium haben.“
Wie dringend der Neubau auch im Nordosten ist, zeigt der neue Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin (IBB), den Marcel Gäding für „LiMa+“ genau studiert hat. Zwei- bis dreitausend Menschen ziehen demnach jedes Jahr nach Marzahn-Hellersdorf. Die Nettokaltmieten sind mit sechs bis acht Euro pro Quadratmeter noch vergleichsweise günstig, wobei sie sich zwischen der Platte mit rund sechs Euro und dem Siedlungsgebiet Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf, wo es auch mal bis zu zwölf Euro sein können, deutlich unterscheidet. Zwischen 2016 und 2018 sind die Mieten in Marzahn-Hellersdorf durchschnittlich um 13,3 Prozent gestiegen und damit stärker als im Berliner Durchschnitt, der „nur“ 12,8 Prozent betrug. Eine Erklärung könnte gerade darin liegen, dass in den vergangenen Jahren viele neue Wohnungen gebaut wurden – nämlich solche, die im mittelpreisigen Segment lagen. Das Ziel der Stadtentwicklung bestand darin, dadurch die „Berliner Mischung“ über verschiedene Milieus hinweg erst einmal herzustellen. Ein Stabilitätsanker waren die Genossenschaften, deren Mieten kaum zulegten. Die gute Nachricht: Das Abgeordnetenhaus will die eigentlich zum 1. April vorgesehene Mieterhöhung für Sozialwohnungen aussetzen. In Marzahn-Hellersdorf betrifft das nicht ganz ein Fünftel der Bestände.