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Auch ohne Milieuschutz: Linke fordert Rückkauf von Wohnungen

Veröffentlicht am 09.04.2019 von Ingo Salmen

Eine Debatte aus den gefragtesten Gegenden Berlins hat jetzt auch Marzahn-Hellersdorf erreicht. Die Grünen erwägen, wie berichtet, die Einrichtung von Milieuschutzgebieten, um alteingesessene Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung zu bewahren. Auch die Linke im Bezirk sprach sich bei ihrem Parteitag für eine solche Prüfung aus. Auf Nachfrage nennt Fraktionschef Björn Tielebein Einzelheiten. „Aus unserer Sicht ist zum Beispiel das Wohngebiet Springpfuhl, Helene-Weigel-Platz, Marchwitastraße zu betrachten. Hier gibt es eine dynamische Entwicklung der Mieten. Es ist das älteste Wohngebiet der Großsiedlung und es findet aufgrund der Altersstruktur ein Wechsel in der Bewohner*innenschaft statt, der zumeist mit einer Anhebung der Mieten verbunden ist.“ Tielebein verweist auf ein „Paket aus 64 Eigentumswohnungen“ in einem Elfgeschosser mit insgesamt 77 Wohnungen. Dieses Paket wurde über das Portal „Immobilienscout24“ für 8,2 Millionen Euro zum Verkauf inseriert, Quadratmeterpreis 2038 Euro, seit Monatsanfang ist die Annonce nur noch im Archiv verfügbar. „Der Bezirk bzw. das Land hatten hier nicht die Möglichkeit, ein Vorkaufsrecht wahrzunehmen, da es kein definiertes Millieuschutzgebiet ist“, stellt der Linken-Fraktionschef fest.

Von einem anderen Auslöser berichtet der Grünen-Abgeordnete Stefan Ziller. „Mich hat das Verhalten der Deutsche Wohnen im Kastanienboulevard bezüglich des LaLoKa nachdenklich gemacht“, schreibt er – auch wenn er selber sagt, dass ein Milieuschutzgebiet dem Flüchtlingscafé ohnehin keine Sicherheit gegeben hätte, da es sich bei dem Ladenlokal um einen Gewerbemietvertrag handelt. „Aber mich beunruhigt, dass in dem Moment, in dem die öffentliche Hand in ein Gebiet investiert (Quartiersmanagementgebiet und Bebauung der alten Kaufhalle), die Deutsche Wohnen sofort aktiv wird.“ Außerdem habe sich im Bezirk die Zahl der Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentum erhöht. Genaue Daten zu jedem Ortsteil hatte Ziller kürzlich beim Senat erfragt (hier als PDF). Der Grünen-Politiker erwartet, dass dieser Trend anhalten wird, und durch eine neue Studie kann er sich darin bestärkt fühlen. Weil die Ausweisung eines Milieuschutzgebietes mit den entsprechenden Gutachten zwei Jahre Zeit brauche, drängt Ziller auf ein „Grobscreening“.

Die Linke will nicht warten, bis diese Prüfung abgeschlossen ist. Im Fall der 64 Wohnungen in der Marchwitzastraße fordert sie das Bezirksamt auf, „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Kauf der öffentlich angebotenen 64 Wohnungen in der Marchwitzastraße durch das Land Berlin oder eine seiner Gesellschaften umgehend einzuleiten“. So lautet der Text eines Antrags für die BVV an diesem Donnerstag. Tielebein kündigt auch für die Prüfung von Milieuschutzgebieten einen Antrag an. Sein Ziel ist es, sich mit SPD, CDU und Grünen abzustimmen und am Ende gemeinsam entsprechende Gebiete vorzuschlagen.