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Seilbahn: Was man mit einer Million Euro bewegen kann

Veröffentlicht am 06.08.2019 von Ingo Salmen

Seilbahn in Berlin: Was man mit einer Million Euro bewegen kann. Zwei Äußerungen zur Zukunft der Seilbahn in Berlin-Marzahn ließen in jüngster Zeit aufhorchen: Zunächst ging es um die 1,053 Millionen Euro, die der Senat 2021 vorsorglich für die Grün Berlin reservieren will, sollte die Leitner AG sich dagegen entscheiden, die Seilbahn selbst weiterzubetreiben. „Die Einstellung des Geldes in den Doppelhaushalt bedeutet, dass man in Zukunft mit dem BVG-Ticket Seilbahn fahren kann, statt wie bisher für 6,50 Euro“, ließ sich die SPD-Abgeordnete und Kreisvorsitzende von MaHe, Iris Spranger, dazu in der „taz“ zitieren. Wann das so weit sein werde, stehe aber noch nicht fest. Die zweite Anmerkung kam von Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke): Sie deutete, wie berichtet, in der „Abendschau“ Gespräche zwischen Leitner, BVG und Senatsverkehrsverwaltung über eine Integration in den öffentlichen Nahverkehr an.

Zeichnet sich hier eine Entscheidung für eine BVG-Seilbahn ab? Schon in der „taz“ widersprachen die Koalitionspolitiker Stefan Ziller (Grüne) und Kristian Ronneburg (Linke) der Darstellung von Spranger. „Um die herbeizuführen, muss Berlin erst einmal mit der Leitner AG, die die Seilbahn baute und sie derzeit ohne Gewinn betreibt, über das Geld verhandeln“, sagte Ziller. „Die BVG hat keine Erfahrungen mit Seilbahnen und kein Fachwissen“, gab Ronneburg zu bedenken. „Konkrete Abstimmungen zwischen Senat, dem Betreiber sowie dem VBB zum Weiterbetrieb der Seilbahn nach 2020 gab es bisher nicht“, schrieb Staatssekretär Stefan Tidow zudem in einer Antwort auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Mario Czaja (hier als PDF). Der VBB ist der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, dem die BVG angehört.

Die Senatsverkehrsverwaltung dämpft die Erwartungen, dass es eine schnelle Übernahme der Seilbahn in den ÖPNV geben könnte. In der Arbeitsgruppe für die VBB-Tarife sei das Thema zuletzt am 12. November 2018 diskutiert, wie es in Tidows Antwort an Czaja. „Sowohl eine Einbindung in den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als auch eine bewusste Entscheidung zugunsten der Förderung als touristische Attraktion wurde benannt.“ Allerdings bediene die Seilbahn „kein allgemeines Verkehrsbedürfnis“ sei auch nicht als ÖPNV-Verbindung „planfestgestellt“.

Auf Tagesspiegel-Anfrage betont die Verkehrsverwaltung wiederholt, dass im Nahverkehrsplan lediglich ein Prüfauftrag vorhanden sei und es sich bei der Einstellung des Millionenbetrags in den nächsten Etat lediglich um einen haushalterischen Vorgang handele, der keine Entscheidung in der Sache vorwegnehme. Es sei „zum jetzigen Zeitpunkt weder eine Entscheidung über eine Übernahme der Seilbahn, noch über eine mögliche Tarifintegration gefallen“, kommentiert sie Sprangers Äußerungen. Und auch Pohles Andeutung bestätigt sie nicht. „Gespräche führt zur Zeit die Grün Berlin mit der Firma Leitner, um den Betrieb der Seilbahn langfristig zu sichern“, heißt es. Ergebnisse lägen noch nicht vor. „Gespräche zwischen BVG, Leitner und unserem Haus bezüglich einer konkreten Übernahme der Seilbahn durch die BVG haben nicht stattgefunden.“

Die Verkehrsverwaltung bekennt sich zugleich zum Weiterbetrieb. Sie suche nach Wegen, „die Seilbahn am Kienbergpark langfristig für Berlin zu erhalten“, teilt sie mit. „Ein langfristiger Betrieb der Seilbahn am Kienberg ist vor allem eine Frage der Finanzierung.“ Was nötig ist, um den Betrieb unter den gegenwärtigen Bedingungen zu bezahlen, geht auch aus der Antwort auf die Czaja-Anfrage hervor. Demnach entspricht der Betrag von 1,053 Millionen Euro den aktuellen Kosten: 358.000 Euro sind Betriebskosten (Führung und Betrieb, Energieaufwand, Versicherungen, laufende Wartung und Instandhaltung), 695.000 Euro sind Personalkosten.

Eine Million Euro im Jahr wäre also der maximale Verlust bei einem Betrieb mit den für ÖPNV-Verhältnisse eng begrenzten Öffnungszeiten der Anlage. Was auf einem anderen Blatt steht: wieviel sich davon durch den Fahrkartenverkauf wieder hereinholen lässt – sei es zu den aktuellen Tarifen oder zu VBB-Preisen. Angaben zu Passagierzahlen und Ticketeinnahmen hat Leitner bisher nicht öffentlich gemacht. – Text: Ingo Salmen
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Diesen Text haben wir als Leseprobe dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für den Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf entnommen. Den – kompletten – Bezirksnewsletter, den wir Ihnen einmal pro Woche schicken, gibt es unkompliziert und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de.