Namen & Neues

Heimatverein will Gedenkfeier für Nazi-Opfer nicht mehr ausrichten

Veröffentlicht am 18.02.2020 von Ingo Salmen

Nach den wiederholten Tumulten beim stillen Gedenken für die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Marzahner Parkfriedhof hat der Heimatverein angekündigt, sich von der Organisation zurückzuziehen. Das geht aus einer Erklärung hervor, die der Vorsitzende Wolfgang Brauer bei Facebook veröffentlichte. „Wir halten es nicht mehr für akzeptabel, dass es auf einer von von uns mitgetragenen Veranstaltung […] inzwischen zum zweiten Mal in Folge zu Rangeleien und Pöbeleien kam“, heißt es darin. Zu den antifaschistischen Demonstrierenden sagt er: „Es ist nicht mehr hinnehmbar, wenn eine kleine Gruppe Menschen versucht, das Gedenken zu monopolisieren und sich dazu hinreißen lässt, die Gedenkstele als ‚ihre‘ zu besetzen.“ In Anspielung auf ein Video des AfD-Abgeordneten Gunnar Lindemann schreibt Brauer außerdem: „Es ist für uns nicht hinnehmbar, wenn in der Folge solcher Ereignisse am Rande der Veranstaltung ein AfD-Parlamentarier sich medial als Verteidiger der Demokratie in Szene setzen kann.“

Der Verein sieht sich in ein falsches Licht gerückt. Er werde „hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand in linken Kreisen als AfD-unterwandert verleumdet“, schreibt der frühere Linken-Abgeordnete Brauer für den Vorstand insgesamt. Gemeint ist damit der Vorwurf von Antifaschist*innen, der Heimatverein wolle die Partei gar nicht ausladen, weil auch einige AfD-Politiker Mitglieder seien. Brauer verweist hingegen auf das umfassende Engagement des Heimatvereins zur Erforschung der Nazi-Zeit in Marzahn-Hellersdorf, des antifaschistischen Widerstands und des Holocaust und „wesentliche Beiträge zur Etablierung einer antifaschistischen Gedenkkultur im Bezirk Marzahn-Hellersdorf“. Der Verein hatte 2007 die Veranstaltung auf dem Parkfriedhof initiiert und, wie Brauers Stellvertreterin Christa Hübner bei einer Pressekonferenz ergänzte, 2004 mit dem Wirtschaftskreis Spenden zur Errichtung jener Stele gesammelt, die heute Ort der Kranzniederlegung ist. Gestaltet hat sie der Künstler Michael Klein, ebenfalls ein Mitglied des Heimatvereins.

„Ja, wir haben einige AfD-Mitglieder, denen wir den Eintritt nicht verwehren konnten“, zitierte „Die Hellersdorfer“ in ihrem Bericht über die Pressekonferenz den Vorsitzenden. „Ich bin der Letzte, der auch nur eine gefühlsmäßige Nähe zu dieser Partei haben kann, und wenn ich mich dann als Wegbereiter des Faschismus beschimpfen lassen muss, ist das heftiger Tobak.“ In der schriftlichen Stellungnahme heißt es weiter: „Wir müssen feststellen, dass wir offensichtlich zum Placebo einer auch unseres Erachtens notwendigen politischen Auseinandersetzung mit der AfD geworden sind, die die politischen Parteien des Bezirkes entweder nicht gewillt oder nicht hinreichend genug in der Lage sind zu führen.“ Der Verein will Brauer zufolge nun andere Formen des Gedenkens suchen. Mit der Zukunft der offiziellen Veranstaltung muss sich nun die Bezirksverordnetenversammlung befassen.

P.S.: Über weitere Themen des Pressegesprächs, etwa Kritik am Umgang mit dem Bezirksmuseum, den Wunsch nach einer dauerhaften Würdigung bedeutender heimischer Künstler im Schloss Biesdorf oder die Suche nach einem Ortschronisten für Mahlsdorf berichtet Klaus Teßmann in „LiMa+“.