Namen & Neues

Abgeordnetenhaus bewilligt Erweiterungsbau der ASH

Veröffentlicht am 26.04.2020 von Caspar Schwietering

Foto: ASH Berlin

Wirklich überraschend kam die Entscheidung nicht, aber bei Bettina Völter, der Rektorin der Alice-Salomon-Hochschule, war „die Erleichterung und Dankbarkeit dennoch riesengroß“. Am 22. April nickte der Haushaltsausschuss des Abgeordnetenhauses die sogenannte Siwa-Liste des Senats ab. Somit ist nun klar: Die Hellersdorfer Hochschule für soziale Berufe kann auf dem Kokoschkaplatz direkt neben dem bestehenden Campus am Alice-Salomon-Platz einen Erweiterungsbau errichten.

Damit geht ein jahrzehntelanger Kampf zu Ende. Seit 2010 hat sich die Hochschule um ein neues Gebäude bemüht.  Nun entsteht ein Bau für insgesamt 36,7 Millionen Euro. Er soll 2024 fertig werden, eine neue Mensa, Seminarräume und Büros enthalten und insgesamt 900 Studierenden zusätzlich Platz bieten. Die Alice-Salomon-Hochschule (ASH) steuert dabei 10 Millionen Euro bei, die sich die Hochschule in den letzten Jahren mühsam zusammengespart hat. Der Rest kommt vom Senat – überwiegend aus sogenannten Siwana- und Siwa-Mitteln, mit denen Infrastrukturprojekte für ein wachsendes Berlin finanziert werden sollen.

Bettina Völter kann nun mit den Architekt*innen die Details besprechen. „Es geht nach vorne“, sagt die Rektorin. Mit dem beauftragten Architekturbüro reden Hochschulmitglieder aus allen Statusgruppen gerade über die Details. „Welche Farbgestaltung wollen wir, wo sollen Steckdosen hin – solche Dinge“, sagt Völter. Das neue Gebäude werde den Studierenden erstmals Rückzugsgelegenheiten für Gruppenarbeiten geben. Ab 2021 könne dann gebaut werden.

Bettina Völter (Foto: ASH Berlin)

Die Hochschule wird in den nächsten Jahren stark wachsen. 2022 sollen dort 5000 statt der heute 3800 Studierenden lernen. Damit will der Senat auch die sozialen Berufe stärken, die wegen der Corona-Pandemie derzeit besonders im Fokus stehen. „Die Alice-Salomon-Hochschule spielt eine wichtige Rolle für das soziale Gefüge in unserer Stadt“, sagt der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD). „Sie bildet die dringend benötigten Fachkräfte für unsere Gesundheitsversorgung, für die Kindergärten und Sozialeinrichtungen aus.“ Nach eigenen Angaben ist die ASH Berlin die größte staatliche Hochschule mit der Fächerkombination Soziale Arbeit, Gesundheits- und Therapiewissenschaften sowie Erziehung und Bildung in der Kindheit (SAGE). Nun sollen weitere Studienfächer hinzu kommen.

Um das Wachstum bewältigen zu können, muss die ASH massiv ihre Strukturen ausbauen. Es braucht mehr Professor*innen und Lehrkräfte, aber auch mehr Verwaltungsmitarbeiter*innen. Bisher klappe es mit den Einstellungen und Berufungen aber ganz gut, sagt Völter. Das Wachstum organisiert die Rektorin momentan ohne Kanzler, der normalerweise das Verwaltungsgeschäft mitsteuert. Hier läuft eine Ausschreibung. Die Vakanz sei aber kein Problem, sagt Völter. Mit dem erfahrenen Hochschulleiter Jann Bruns aus Hannover habe sie einen hervorragenden Interimskanzler.

Das Provisorium im Einkaufszentrum wird ausgeweitet. Weil der Neubau am Kokoschkaplatz nun einige Jahre später als geplant kommt, will die Hochschule im ehemaligen Einkaufszentrum am Fritz-Lang-Platz weitere Räume anmieten. Etwa 2,5 Millionen Euro kostet sie das Interim bereits. Der Senat gewährt bisher einen Zuschuss von rund 750.000 Euro. „Die Hochschule kann die verbleibende Summe von knapp 1,8 Millionen Euro nicht alleine schultern“, sagt Völter.

Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) verweist auf Anfrage zunächst darauf, dass Extrakosten der ASH im aktuellen Finanzierungsvertrag eigentlich schon berücksichtigt seien. So gebe es bereits einen Zuschuss für Umbaukosten in dem ehemaligen Einkaufszentrum. Er sagt aber auch: „Wo möglich, reagieren wir auch kurzfristig. Wir haben jetzt einen Topf aufgesetzt, aus dem wir die kleinen Hochschulen bei besonders gestiegenen Mietkosten unterstützen können.“

Die ersten neuen Studiengänge starten im Wintersemester 20/21. Dann sollen unter anderem 80 Studierende ihren Bachelor „Pflege“ beginnen. Die Pflege am Bett wird in Deutschland zurzeit erstmals akademisiert. Bisher gab es hierzulande nur betriebswissenschaftlich und pädagogisch ausgerichtete Pflege-Studiengänge.

Die Akademisierung sei dringend notwendig, sagt Johannes Gräske, der seit Oktober 2019 den ASH-Lehrstuhl für Pflege besetzt. Denn die Pflege werde immer komplexer, und die Pfleger*innen sollten in Zukunft einige Aufgaben von den Ärzt*innen übernehmen. „Zudem gibt es einen enormen wissenschaftlichen Fortschritt, der sich über die Ausbildung allein kaum noch vermitteln lässt.“ Deutschland droht den Anschluss zu verlieren. Denn in vielen anderen Industriestaaten studieren Pflegekräfte bereits seit Langem.

Johannes Gräske (Foto: ASH Berlin)

Mit der inhaltlichen Arbeit hat Johannes Gräske aber erst teilweise begonnen.„Derzeit konzipiere ich vor allem Studien- und Prüfungsordnungen“, erzählt er. Aktuell führt er aber eine Umfrage bei Pflegeleitern von Krankenhäusern in Berlin und Brandenburg durch. „Wir wollen wissen wie die Häuser gerade mit Schutzausrüstung ausgestattet sind“, sagt Gräske, „und welche Probleme in der Pflege es wegen der Corona-Pandemie gibt“. In der nächsten Pandemie könne man die Krankenhäuser dann besser vorbereiten, sagt Gräske. Auch seine Studierenden sollen ab Oktober von den Erkenntnissen profitieren.

Wie der Start in den Pflege-Studiengang ablaufen wird, sei wegen Corona derzeit noch völlig offen, sagt Gräske, der auch Epidemiologe ist. Die Pandemie hat die Notwendigkeit von guter Pflege aufgezeigt, aber sie könnte die Ausbildung an der ASH zunächst einmal sehr behindern. „Eventuell können wir die geplanten praktischen Übungen in den neuen Skils-Labs im ersten Semester nicht durchführen“, sagt Gräske. Für den praktisch orientierten Pflege-Studiengang wäre das ein denkbar schlechter Start.

Text: Caspar Schwietering

In einer früheren Version dieses Artikels haben wir geschrieben, die ASH Berlin bilde Heilpraktiker*innen aus. Das stimmt nicht. Gemeint waren Pfleger*innen und Therapeut*innen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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Diesen Text haben wir als Leseprobe dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Marzahn-Hellersdorf entnommen. Den wöchentlichen Marzahn-Hellersdorf-Newsletter können Sie ganz unkompliziert und kostenlos bestellen unter leute.tagesspiegel.de.

Die weiteren Themen dieser Ausgabe:

  • Spielplatzöffnung: Dringend nötiges Signal an die Familien oder riskantes Manöver?
  • Sie legte den ersten Stein: Die Mutter der Steinschlange erzählt
  • Maskenpflicht: Wo Sie die Teile jetzt schnell besorgen können
  • Coronavirus-Update: der Stand der Pandemie
  • Rückkehr der Bezirkspolitik: Worauf die BVV-Fraktionen den Fokus legen
  • Wie die Kolibri-Grundschule in der Pandemie um Normalität kämpft
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