Namen & Neues

Wie die Kolibri-Grundschule in Hellersdorf um Normalität kämpft

Veröffentlicht am 26.04.2020 von Caspar Schwietering

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Vor vier Wochen sprach ich mit Anke Peters, der Schulleiterin der Kolibri-Schule, darüber, wie Schule ohne Schüler*innen funktioniert. Vor allem eine Sorge trieb Peters damals um: Was passiert wenn die Kinder auch nach den Osterferien nicht in die Schule zurückkönnen?

Nun gehen aber alle Kinder wieder in die Schule. Denn die Kolibri-Schule hat einen sogenannten „Material-Shuttle“ eingeführt. Die Kinder bringen den Lehrer*innen einmal in der Woche ihre gemachten Aufgaben und nehmen neue Materialien mit. „Das haben wir nach einem Hinweis des Elternsprechers beschlossen“, sagt Peters. Denn nicht alle Familien hätten zuhause einen Drucker und einen Scanner.

Mit dem Material-Shuttle will die Schule die andauernde Schließung auch emotional kompensieren. „Wir wollen nicht, dass sich die Kinder von der Schule entwöhnen“, sagt Peters. Außerdem wollten die Lehrkräfte die Kinder nach der langen Zeit auch einmal sehen. Ein bisschen schauen Peters und ihre Kolleg*innen dabei auch, ob es allen gut geht. Bei der Rückkehr habe es herzzerreißende Szenen gegeben, berichtet Peters. „Manche Kinder haben geweint und wollten ihre Lehrer umarmen. Da mussten wir sie leider stoppen.“

Anke Peters (Foto: privat)

Der Digitalunterricht wird ausgeweitet. Die Kolibri-Schule setzt darüber hinaus aber auch weiter auf den Aufgaben-Austausch mit Hilfe der Computer-Clouds. Einige Lehrer nutzen nun auch Videokonferenzen und unterrichten virtuell.

Das Kollegium bereitet die Öffnung der Schule vor. Ab Montag werden dann die sechsten Klassen wieder in der Schule unterrichtet. 135 Kinder kehren aufgeteilt in Kleingruppen in die Schule zurück. Unterrichtet werden sie erstmal in den Kernfächern: Mathe, Deutsch, Englisch, Naturwissenschaften und Gesellschaftswissenschaften. Aber an der Kolibri-Grundschule sind genauso wie anderswo noch  viele Fragen zu klären: Wie gewährleisten die Lehrkräfte, dass die Schüler*innen zu unterschiedlichen Zeiten kommen. Und wie laufen zukünftig die Hofpausen mit ausreichend Abstand ab. Dafür werden gerade Konzepte entwickelt.

Bereits jetzt kümmert sich die Kolibrischule in der Notbetreuung um ungefähr 40 Kinder am Tag. Diesen Aufwand könne das Kollegium noch bewältigen, sagt Peters. Aber wenn auch die fünften Klassen zurückkehren, sei man mit den gegenwärtigen Strukturen überlastet.

Bei der Hygiene sieht es gut aus. „Wir haben jetzt Seife und Einweghandtücher bis zum Ende des Jahres“, sagt Peters. Doch die notwendige ausgiebige Reinigung von Handläufen und anderen Oberflächen sei noch nicht geklärt. „Dazu brauchen eine Tagesreinigung“. Die zuständige Stadträtin für Facility Management, Juliane Witt (Linke), ist diesbezüglich aber zuversichtlich. Sie erklärt auf Anfrage: „Wir können den Hygiene-Plan des Senats erfüllen – inklusive Tagesreinigung.“

Das individuelle Hygiene-Bedürfnis ist mitunter groß. Viele Lehrer*innen wünschten sich darüber hinaus jedoch weiteren Schutz – etwa Desinfektionsmittel. Das könne der Bezirk allerdings nicht leisten, sagt Witt. Anke Peters kann den Eindruck bestätigen. Doch auch ihr fehlen dafür die Mittel. „Vom Senat haben wir nur ein paar Fläschchen bekommen“, sagt sie.

Die Zehntklässler*innen sind schon zurück. An den Gymnasien und Sekundarschulen sind bereits an diesem Montag die zehnten Klassen zurück. Vorab gab es in den Schulen jedoch Unmut über die erratische Kommunikationspolitik des Senats. Die kurzfristige Absage der MSA-Prüfungen sei eine Katastrophe, meinte ein Gymnasialleiter aus dem Bezirk, der lieber anonym bleiben wollte. „Den Schülern fehlt doch jetzt jede Motivation.“ Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus plant allerdings bereits die nächste Änderung. Nach ihrem Willen sollen auch die Sekundarschulen eine Notbetreuung anbieten. Und Schüler*innen mit hohem Förderbedarf sollen nach dem Willen von Schulsenatorin Sandra Scheeres unabhängig von der Jahrgangsstufe verpflichtend zurückkehren. Weitere Klassen sollen dafür später wieder vor Ort unterrichtet werden.

Text: Caspar Schwietering

+++

Diesen Text haben wir als Leseprobe dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Marzahn-Hellersdorf entnommen. Den wöchentlichen Marzahn-Hellersdorf-Newsletter können Sie ganz unkompliziert und kostenlos bestellen unter leute.tagesspiegel.de.

Die weiteren Themen dieser Ausgabe:

  • Spielplatzöffnung: Dringend nötiges Signal an die Familien oder riskantes Manöver?
  • Sie legte den ersten Stein: Die Mutter der Steinschlange erzählt
  • Maskenpflicht: Wo Sie die Teile jetzt schnell besorgen können
  • Coronavirus-Update: der Stand der Pandemie
  • Rückkehr der Bezirkspolitik: Worauf die BVV-Fraktionen den Fokus legen
  • Wie die Kolibri-Grundschule in der Pandemie um Normalität kämpft
  • Endlich Planungssicherheit: Das Abgeordnetenhaus bewilligt den Neubau, die Alice-Salomon-Hochschule kann wachsen
  • Der ehemalige CDU-Verordnete Sergej Henke tritt der AfD bei
  • Wie sich die Kulturinstitutionen im Bezirk auf die Rückkehr des Publikums vorbereiten