Namen & Neues

So steht es um die Demokratie im Bezirk

Veröffentlicht am 19.05.2020 von Caspar Schwietering

Man wolle die Öffentlichkeit für Rassismus, Rechtsextremismus, Diskriminierung sensibilisieren und die demokratische Kultur stärken – so steht es in der Selbstdarstellung der Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung in Marzahn-Hellersdorf. Jetzt hat sie wieder den „Demokratiebericht“ für den Bezirk vorgelegt, der sich erst einmal ganz ermutigend liest. Denn das Fazit der Autoren um Moritz Marc lautet: Marzahn-Hellersdorf wird bunter, das zivilgesellschaftliche Engagement wächst. Es gebe „jede Menge Projekte und Initiativen, welche sich für ein friedliches Miteinander in den Nachbarschaften einsetzen“, heißt es im Bericht der Koordinierungsstelle, die einst vom Bezirksamt eingerichtet wurde und unter dem Dach der pad gGmbH arbeitet, eines Trägers der freien Jugendhilfe mit Sitz in Hellersdorf.

Während beispielsweise die Zahl der registrierten, rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Übergriffe im Jahr 2019 im Nachbarbezirk Lichtenberg von 209 auf 258 gestiegen ist, ging sie in Marzahn von 182 auf 154 zurück. Laut Demokratiebericht waren dabei zwei Punkte ausschlaggebend: Es wurden weniger Bedrohungen und Beleidigungen und weniger Propaganda-Vorfälle aktenkundig. Allerdings gab es mit 15 Angriffen einen mehr als 2018. Schwerpunkte bei allen erfassten Vorfällen sind die Großsiedlungen des Bezirks. An der Spitze liegen Marzahn-Nord und Marzahn-Mitte.  Allerdings liegen hier die Einwohnerzahlen auch höher als in anderen Ortsteilen. Laut Demokratiebricht sollen beispielsweise neonazistische sowie extrem rechte Gruppierungen und Parteien rund ums „Eastgate“ besonders aktiv sein.

Als „Herausforderung“ bezeichnen es die Verfasser des Berichts, dass die AfD „zunehmend aggressiv“ gegenüber demokratischen und zivilgesellschaftlichen Akteuren im Bezirk auftrete. Dazu gehörten „unsachliche, öffentliche Kritik“ an Einträgen des „Registers zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle Marzahn-Hellersdorf“ und vor allem eine „Vielzahl von Anfragen“ zur Finanzierung und Arbeitsweise des Registers und anderer demokratischer Akteure.  „Besorgnis erregend“ war aus Sicht der Verfasser des Demokratieberichts somit der Erfolg der AfD bei der Europawahl vor einem Jahr: Mit 19 Prozent holte die Partei in Marzahn-Hellersdorf das beste Ergebnis in Berlin.

Zugleich dürfte der Bericht neue Fragen der AfD provozieren.  Es gelte, mit ökologischen Protestbewegungen von „Fridays for future“
bis „Ende Gelände“ neue Bündnisse für einen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft voranzutreiben, steht im Demokratiebericht. Kaum war der veröffentlicht, erwähnte der der Berliner Verfassungsschutz die Klimaaktivisten von „Ende Gelände“ wiederum in seinem Bericht  – im Kapitel unter Linksextremismus.

Der detaillierte Demokratiebericht ist online abzurufen. Mein Kollege Björn Seeling hat ihn hier zusammengefasst.