Namen & Neues

Schulbau: Jetzt sollen es zentral geplante Pavillons richten

Veröffentlicht am 23.06.2020 von Ingo Salmen

Die immerwährende Debatte um den Schulbau ist seit vergangener Woche um eine Idee reicher: Als einer von vier Bezirken soll Marzahn-Hellersdorf an einem Pilotversuch zum Bau von Pavillons an Schulen teilnehmen. Die Taskforce Schulbau des Landes unter Leitung von Bildungsstaatssekretärin Beate Stoffers (SPD) will damit kurzfristig zusätzliche Schulplätze schaffen. Wie die Senatsverwaltung am vergangenen Mittwoch mitteilte, soll das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf als Dienstleister für die anderen Bezirke tätig werden. „Angeboten werden Planung und Aufstellung dieser temporären Bauten.“ Zeit sparen soll vor allem eine zentrale Baugenehmigung durch das Bauamt in Charlottenburg-Wilmersdorf.

Überrascht von der Mitteilung zeigte sich tags darauf Immobilienstadträtin Juliane Witt (Linke). Sie habe die Ankündigung „mit Interesse wahrgenommen“, sagte Witt am Donnerstag in der BVV und kündigte an, erst einmal nachzufragen, was es denn genau damit auf sich habe. Auf Tagesspiegel-Anfrage erklärte Witt später, man habe zwar schon im vergangenen Jahr und Anfang 2020 Interesse an den Vorhaben signalisiert, jedoch eher plötzlich von dem Versuch erfahren. Inzwischen hat der Bezirk jedoch erfahren, dass das Amt in Charlottenburg-Wilmersdorf sich personell dafür gerüstet sieht, die Aufgaben für die anderen Bezirke zu übernehmen. Witt sieht auch noch einigen Klärungsbedarf: zum Beispiel ob eine zentrale Baugenehmigung rechtlich möglich ist, wer die Beantragung übernimmt, wie lange die Pavillons stehen können und ob eine Mensa dazugehört.

Ein erstes Projekt hat Witt schon ins Auge gefasst: Das Schulamt will auf dem Grundstück Elsenstraße 15 zusätzliche Klassenräume für die Mahlsdorfer Kiekemal-Grundschule errichten. Bislang befindet sich dort ein Gärtnerstützpunkt des Straßen- und Grünflächenamtes. Stadträtin Nadja Zivkovic (CDU) hat bereits ihr Einverständnis erteilt, diesen an die Bitterfelder Straße zu verlegen. Perspektivisch ist die Fläche an der Elsenstraße für eine Jugendfreizeiteinrichtung reserviert. Vorübergehend könnte sie jedoch für den Schulbetrieb genutzt werden. Eine Variantenuntersuchung hat bereits ergeben, dass Platz wäre für 24 Räume plus Mensa: entweder in Form zweier „Fliegender Klassenzimmer“, zweier Modularer Ergänzungsbauten (MEB 12) oder von Containern. Nun muss Schulstadtrat Gordon Lemm (SPD) entscheiden, ob er hier das erste Vorhaben des Pilotprojektes ansiedeln will.

Ein Problem könnte sich noch aus dem Umzug des Gärtnerstützpunktes ergeben: Falls dieser zu teuer wird, will das Bezirksamt noch ein weiteres, nicht näher genanntes Grundstück in Mahlsdorf prüfen. Dazu soll es noch in dieser Woche einen Besichtigungstermin mit den beteiligten Ämtern geben.

Während Witt auf Entlastung fürs eigene Bauamt hofft, reagierte sie doch mit verhaltener Freude auf die Mitteilung der Taskforce. Sie kennt die Vorgeschichte: Seit zwei Jahren gebe es Gespräche mit dem Land, die Aufstellung von Containern oder anderer Varianten zur Kapazitätserweiterung von Schulen zentral zu organisieren. Und ihre Aufzählung lässt erkennen, dass bislang nichts zum Erfolg geführt hat. Noch unter dem alten Staatssekretär Mark Rackles (SPD) gab es demnach Anfang 2018 die Idee, Container zentral zu bevorraten; seit Mitte 2018 ist die Aufstellung „Fliegender Klassenzimmer“ durch Tempelhof-Schöneberg für andere Bezirke in der Diskussion; die Pavillonlösung durch Charlottenburg-Wilmersdorf ist nun schon der dritte Versuch. Was Witt vermeiden will: dass Eltern durch solche Ankündigungen den Eindruck bekommen, man könne „schnell mal Container hinsetzen“. Auch Stoffers sprach diesmal wieder von „zügig“.

Unklarheit bestand noch bei einer weiteren Ankündigung der Taskforce: Demnach will das Land seine Wohnungsbaugesellschaft Howoge beauftragen, fünf bis acht Holzmodulschulen zu errichten. Ob dazu auch die geplante Gemeinschaftsschule in der Landsberger Straße/ Ecke Bisamstraße gehören soll, die der Bezirk gern in Holz ausführen lassen möchte, konnte Witt zunächst nicht sagen.

Messbare Fortschritte gibt es hingegen bei drei anderen sehnlichst erwarteten Erweiterungsmaßnahmen: Für die Container auf dem Lehnitzplatz, als Entlastung für die Kiekemal-Grundschule gedacht, wurde am vergangenen Donnerstag der Bauantrag eingereicht. Geplant sind zwölf Klassenzimmer mit Mensa für 4,9 Millionen Euro, die zunächst mal von März 2021 bis März 2023 genutzt werden sollen, optional auch noch zwei Jahre länger, falls die Grundschule an der Elsenstraße 7-9 bis dahin noch nicht fertiggestellt sein wird. Anschließend können die Modulbauten anderswo im Bezirk eingesetzt werden, wie das Bezirksamt mitteilte.

Erst Ende September werden allerdings die letzten Ergebnisse eines Umweltgutachtens vorliegen, „insbesondere Aussagen zur Heuschreckenpopulation“, wie Lemm mitteilte. Allerdings sollen etwaige Erkenntnisse auch in der Zwischenzeit schon in die Planungen einfließen. Das Bauamt will die Auftragsvergabe parallel vorbereiten, damit es schnell vorangeht, wenn im Oktober die Baugenehmigung erteilt werden sollte. In einer Mitteilung des Bezirks heißt es: „Ziel ist die Fertigstellung zum März 2021, vorausgesetzt, der Winter und Lieferengpässe der Pandemieeinschränkungen behindern den Zeitplan nicht.“

Wie seit Anfang Juni zu sehen ist, hat die Aufstellung der mobilen Klassenräume an den beiden Standorten begonnen, Kran und Anlieferfahrzeuge sind auf den Plätzen, die ersten, farbenfrohen Anlagen sind bereits deutlich sichtbar platziert. Um den Schulstandort der Grundschule am Fuchsberg (Habichtshorst) zu entlasten, werden hier unmittelbar neben der Schule sechs Klassenräume, eine Mensa für die Essensversorgung, Sanitärbereiche und Funktionsräume für das Lehrerkollegium errichtet. Die neue Schule war bereits 2009 geplant und so lag die dann fertiggestellte Schule bereits zum Bau kapazitätsmäßig weit unter dem durch Neubau und Zuzug in Biesdorf dann bestehendem Bedarf.

Im Januar 2019 war deshalb hier die Finanzierung für die Kapazitätserweiterung erkämpft worden. Die Planungen, die Ausschreibung und Auswahl der Planungsbüros waren im Lauf des Jahres zu absolvieren. Die Planungen lagen bis Oktober 2019 vor, nach Prüfungen und Genehmigungen wurde der Bauantrag am 17. Januar 2020 eingereicht, die Ausschreibung wurde am 20. Januar mit Abgabefrist 28. Februar veröffentlicht, bereits am 13. März wurde die ausgewählte Firma beauftragt.

Die Aufstellung der Container für die Grundschulen am Schleipfuhl und am Fuchsberg (am neuen Standort Habichtshorst) ist sogar schon weit vorangeschritten. Teilweise erfolgt bereits der Innenausbau, ab Mitte/Ende Juli die Möblierung. Am 3. August, kurz vor Ende der Sommerferien, sollen die Bauten den Schulen übergeben werden. Nur am Schleipfuhl muss sich die Schule beim vierten Haus und der Mensa noch bis zum 17. August gedulden. Für die Fuchsberg-Grundschule soll danach sogar die Planung einer weiteren Anlage zur Entlastung in Angriff genommen werden.