Namen & Neues
Homeoffice-Ticket und Freifahrten: Was die SPD für den ÖPNV fordert
Veröffentlicht am 08.09.2020 von Ingo Salmen
Wie oft nutzen Sie derzeit Ihre VBB-Monatskarte, fahren mit Bus, U-Bahn oder S-Bahn? Genauso häufig wie in Vor-Corona-Zeiten? Das hängt sicherlich davon ab, ob sie täglich zur Arbeit fahren oder inzwischen auch viel Zeit im Homeoffice verbringen. Die SPD Marzahn-Hellersdorf fordert deshalb jetzt „Neue ÖPNV-Tarife für die neue Arbeitswelt“, wie ein Antrag überschrieben ist, den die Kreisdelegiertenkonferenz am Sonnabend beschlossen hat. Ehe der Landesparteitag ihn zum Jahresende berät, will die Kreisvorsitzende Iris Spranger das Anliegen schon im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses vortragen, dem sie angehört.
VBB und BVG sollten „noch in diesem Jahr“ Angebot für Leute entwickeln, die im Homeoffice, ortsungebunden oder in Teilzeit arbeiten, und die neuen Fahrkarten ab dem 1. Januar 2021 einführen, heißt es in dem Antrag – mittelfristig am besten auch für den Verbund mit Brandenburg. „Wir brauchen so etwas wie ein Zehn- oder Zwölf-Tages-Ticket für Leute, die jetzt öfter von zu Hause arbeiten“, schlägt der stellvertretende Kreisvorsitzende Jan Lehmann, der das Amt am Wochenende von Sven Kohlmeier übernommen hat, vor. „Es droht sonst eine breite Abkehr von Pendlerinnen und Pendlern von den Monats- und Jahresabos“, sagt Spranger.
Die Genossen in Marzahn-Hellersdorf haben als Problem ausgemacht, dass es zwischen den Zeitkarten für eine feste Woche oder einen Monat auf der einen und Vier-Fahrten-Karten auf der anderen Seite kein Angebot gibt, das für Teilzeit-Pendler attraktiv wäre, die nur einige Tage in der Woche ins Büro müssen oder gelegentlich zu Meetings und Außenterminen fahren. Zwar sei eine Kündigungswelle bisher ausgeblieben, was jedoch an Kündigungsfristen zum Jahresende liegen könnte, heißt es aus der Partei. Dann aber laufen auch die Stützungszahlungen von Bund und Ländern an die Nahverkehrsbetriebe aus. Um Finanzproblemen vorzubeugen, will die SPD die Stammkunden an die BVG und den Verkehrsverbund zu binden.
Einen Beitrag dazu soll auch ein weiterer Vorstoß aus MaHe leisten. Als „Zeichen der Dankbarkeit“ für die Treue der Fahrgäste und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Coronakrise sollen VBB und BVG in diesem Jahr am Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober und dem Jahrestag des Mauerfalls am 9. November den Stammkunden erweiterte Mitnahmemöglichkeiten (etwa zusätzliche Passagiere oder Fahrräder) und Gelegenheitsfahrern Freifahrten ermöglichen. Ein bisschen hat die BVG die Genossen in diesem Punkt überholt: Nachdem sie sich lange geziert hatte, sich irgendwie gegenüber den Leuten kulant zu zeigen, die wegen des Lockdowns ihre Abo-Karte kaum noch brauchten, hat sie inzwischen die „Mehrwertwochenenden“ ausgerufen: An den Wochenenden im September und dem autofreien Tag am 22. September gibt’s es für alle Karten Upgrades mit zusätzlichen Leistungen (Übersicht hier als PDF).
Ans Bezirksamt richtet sich eine weitere Forderung: Auf der Altentreptower Straße soll vorm Bahnhof Wuhletal im Bereich der beiden Zebrastreifen die Geschwindigkeit von Tempo 50 auf Tempo 30 reduziert werden, um die Überquerung der Straße für die vielen Fußgänger sicherer zu machen. Pendler auf dem Heimweg, UKB und Augenklinik, die beiden Kitas und die Lomonossow-Schule – es gibt viel Betrieb rund um den Bahnhof. „Ich habe schon eine ganze Menge Beinahe-Unfälle gesehen“, sagte Eike Arnold, der den Antrag formuliert hat. „Es ist angebracht, vor dem größten Umsteigebahnhof im Bezirk an den Zebrastreifen 100 Meter abzubremsen.“
Auch die Berliner SPD hat den Verkehr im Blick, der Marzahn-Hellersdorf durchquert: Wer regelmäßig mit der Regionalbahn RB26 fährt, kennt die massiven Verspätungen. Vor einer Woche hat der VBB deshalb die Reißleine gezogen: Die Hälfte der täglich 13 Züge fahren nur noch bis Lichtenberg statt bis zum Ostkreuz. Die Einschränkung soll den Betrieb stabilisieren. Die SPD will sich mit kleinen Maßnahmen aber nicht zufriedengeben und die Ursachen beheben: Die Strecke zwischen Berlin und dem polnischen Küstrin ist seit dem Zweiten Weltkrieg nur noch eingleisig – und im Investitionsprogramm i2030 nicht enthalten. Die Forderung der Genossen: Berlin und Brandenburg sollen nicht auf den Bund warten und Ausbau und Elektrifizierung der Ostbahn selbst vorantreiben.
Die Forderungen aus Marzahn-Hellersdorf konnte am Sonnabend auch das designierte neue Führungsduo der Berliner SPD mitnehmen: Familienministerin Franziska Giffey und AGH-Fraktionschef Raed Saleh stellten sich den Delegierten vor und machten dabei dem Vernehmen nach auch als Team eine gute Figur und wurden von der MaHe-SPD einstimmig für den Landesvorsitz nominiert. Als Stellvertreter wünscht sich der Kreisverband den Innensenator Andreas Geisel aus Lichtenberg und seine eigene Vorsitzende Spranger. Diese wurde selbst in ihrem Amt im Bezirk bestätigt, ebenso wie ihre Stellvertreterin Marion Hoffmann. Neben Hoffmann und Lehmann fungiert künftig auch der örtliche Juso-Vorsitzende John Reichel als Sprangers Vize. – Text: Ingo Salmen
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