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Wasserqualität im Biesdorfer Baggersee wohl besser als gedacht
Veröffentlicht am 22.09.2020 von Caspar Schwietering
Wasserqualität im Biesdorfer Baggersee wohl besser als gedacht. Die Vorstellung, in ungeklärtem Straßenabwasser zu baden, ist eher eklig. Doch seit Jahrzehnten nutzen jeden Sommer tausende Gäste das Regenrückhaltebecken Biesdorfer Baggersee der Berliner Wasserbetriebe genau dafür. Und das hat viel mit Gewohnheit und fehlenden Alternativen im Bezirk zu tun. Denn selbst viele Badegäste halten den See für dreckig.
Doch die Wasserqualität im Biesdorfer Baggersee könnte besser sein als gedacht. Das legt die Anfrage des Biesdorfer Abgeordneten Stefan Ziller (Bündnis 90/Grüne) nahe. Denn am Hauptzufluss des Sees – einem Kanal, über den 304 Hektar Straßenland entwässert werden, befindet sich ein Retentionsbodenfilter, der laut Stephan Natz, dem Sprecher der Berliner Wasserbetriebe, etwa 90 Prozent der Schadstoffe klärt. Wirklich problematisch ist die Wasserqualität deshalb vor allem, wenn der Kanal wegen Starkregen soweit überläuft, dass das Wasser ungeklärt in den See geleitet werden muss. In den vergangenen fünf Jahren kam das aber laut der Antwort auf Zillers Anfrage nur acht Mal vor. Alle sogenannten „Überlaufereignisse“ fanden dabei im regenreichen Sommer 2017 statt.
Daneben hat der Biesdorfer Baggersee noch zwei kleinere Zuläufe, über die ungefiltertes Straßenabwasser in den See läuft. Mit den beiden Zuflüssen wird ein insgesamt 14 Hektar großes Areal entwässert – es handelt sich vor allem um Straßenland der nahegelegenen Einfamilienhaussiedlungen. Allerdings könnten hier viele kleinere Maßnahmen erreichen, dass mehr Regenwasser direkt vor Ort versickert. „Die Chance sollte unbedingt ergriffen werden“, sagt dazu Stefan Ziller. Berlin solle schließlich nach den Plänen des Senats zu einer „Schwammstadt“ werden. Nach seiner Anfrage ist Ziller optimistisch, dass die Wasserqualität im Biesdorfer Baggersee bald gut genug ist, um dort eine offizielle Badestelle einzurichten. „Fünf bis zehn Jahre wird man dafür einplanen müssen, aber man sollte sich auf den Weg begeben“, sagt er.
Stephan Natz von den Wasserbetrieben kann sich sogar vorstellen, dass die Wasserqualität dafür bereits heute ausreichend ist. „Retentionsbodenfilter sind tatsächlich sehr leistungsstark“, sagt er. Am Halensee sei es durch einen solchen Filter auch gelungen, das Baden wieder zu erlauben, nachdem der See dafür wegen der Abwässer der nahegelegenen Autobahn vorübergehend zu schmutzig gewesen sei.
Allerdings gibt es am Biesdorfer Baggersee ein Problem. Die Wasserqualität wird dort gar nicht regelmäßig gemessen, da der See eben kein Badesee ist. In den vergangenen Jahren hat das Gesundheitsamt Marzahn-Hellersdorf den See nur strichprobenartig im Rahmen „eines Sondermessprogramms“ des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) untersucht. Zum Ergebnis teilt das Lageso auf Anfrage mit: Hinsichtlich der mikrobiologischen Belastung seien an der Sondermessstelle Biesdorfer Baggersee (Nichtschwimmerbereich) keine größeren Verschmutzungen festgestellt worden. Stefan Ziller sieht nun das Bezirksamt in der Pflicht. Das Bezirksamt habe dort 2007 einen Strand gebaut, sagt er. „Nun muss es sich der Situation stellen, dass dort regelmäßig gebadet wird, und die Wasserqualität des Sees ordentlich monitoren.“
Eine ausreichende Wasserqualität könnte der Bezirk wohl erst nach einer mehrjährigen Kontrolle feststellen. Doch nicht nur die Wasserqualität verhindert bisher, dass im Biesdorfer Baggersee regulär geschwommen werden kann. Die Ufer fallen recht steil ab – eine Gefahr für Nichtschwimmer. Ohne eine regelmäßige Badeaufsicht wird es deshalb nicht gehen. Im Corona-Sommer haben Freiwillige des Deutschen Roten Kreuzes diese Aufgabe, wie berichtet, ehrenamtlich übernommen. Doch für eine offizielle Badestelle bräuchte es hier eine permanente Lösung. – Text: Caspar Schwietering
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