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Kitkat-Türsteher und Einzelbetreuung: So arbeitet das DRK-Impfzentrum

Veröffentlicht am 12.01.2021 von Ingo Salmen

Es ist eine enorme logistische Herausforderung: Millionen von Berlinerinnen und Berlinern sollen in den nächsten Monaten gegen das Coronavirus geimpft werden. Eine Aktion, wie es sie in der Geschichte der Stadt noch nicht gegeben hat. Den Anfang machen die Alten sowie das medizinische und pflegerische Personal – und das auf zwei Wegen: Gut drei Dutzend mobile Impfteams suchen Senioreneinrichtungen auf, wer selbst mobil ist, kommt ins Impfzentrum. An diesem Dienstag hat Berlin die ersten 2400 Moderna-Impfdosen erhalten; sie werden ab Freitag im Erika-Heß-Eisstadion in Wedding verabreicht. Das erste Impfzentrum aber befindet sich in der „Arena“ in Treptow. Hier läuft der Betrieb bereits seit Ende vergangenen Jahres.

In zentraler Funktion dabei: das Deutsche Rote Kreuz. Es koordiniert nicht nur die Arbeit der insgesamt fünf Hilfsorganisationen, sondern betreibt auch das Impfzentrum in der Arena, wo der Biontech-Impfstoff zum Einsatz kommt. Im Leute-Newsletter für Marzahn-Hellersdorf berichtet Berlins DRK-Präsident Mario Czaja, zugleich CDU-Abgeordneter aus Mahlsdorf, über die Abläufe im Impfzentrum und die Erfahrungen der ersten vollen Woche.

„Es sind Orte der Hoffnung“, sagt Czaja über die improvisierten Einrichtungen. „Man spürt bei der gesamten Mitarbeiterschaft, dass man sich gut dabei fühlt, dass es einen Weg aus der Corona-Ohnmacht gibt und man dabei mithelfen kann.“ Weiße Wände teilen in der Halle 80 einzelne Behandlungsplätze ab, damit ist die Arena das größte Impfzentrum der Stadt. Sieben Tage die Woche ist es von 9 bis 19 Uhr geöffnet. Derzeit arbeiten jeden Tag 150 bis 170 Leute hier, aufgeteilt auf zwei Schichten: 16 Pharmazeut*innen, die den Impfstoff aufbereiten, 20 Kassenärzt*innen, die ihn injizieren, 70 Bundeswehr-Soldat*innen und etwa 50 bis 60 Ehrenamtliche und Hauptamtliche des Roten Kreuzes. Bundeswehr und DRK kümmern sich um Empfang, Begleitung, Nachbetreuung, Registrierung und Information.

„Wir haben extra Hauptamtliche eingestellt“, erzählt Czaja, „auch aus der Veranstaltungsbranche.“ Die könnten gerade nicht nur Jobs gebrauchen, sondern seien auch bewandert im Management vieler Menschen und ihrer Betreuung. „Wir haben sogar Türsteher vom Kitkat und anderen Clubs dabei.“ Die Betreuung erfolgt in der Tat sehr eng: Nach der Erstaufnahme und Aufklärung werden vor allem die Senior*innen in 1:1-Begleitung zu den Kabinen gebracht; dort kann es manchmal zehn Minuten dauern, bis ein Arzt oder eine Ärztin zur Impfung vorbeikommt; anschließend bringen die Rot-Kreuz-Beschäftigten die Geimpften in einen Wartebereich, wo sie etwa 20 Minuten (bei Vorerkrankungen auch 30 Minuten) sitzen, um unmittelbare Impffolgen auszuschließen. Von denen habe er selbst noch nichts mitbekommen, sagt Czaja. „Der Impfstoff ist sehr verträglich.“

Etwa 30 bis 40 Minuten dauert ein Durchlauf, in der ganzen Halle müssen FFP2-Masken getragen werden. Wer keine dabei hat, bekommt sie am Eingang. Die Wartezeit in der Kabine habe vor allem damit zu tun, dass die Aufbereitung des Impfstoffes aufwendig sei, erklärt Czaja. „Auch erfahrene Pharmazeuten brauchen zwei bis drei Minuten, um eine Spritze aufzuziehen.“ Um das zu beschleunigen, soll bald eine zweite Kabine zur Aufbereitung installiert werden. „Das ist ein kleiner Reinraum.“

5000 Menschen pro Tag sollen im Vollbetrieb in der Arena eine Corona-Impfung bekommen. In der ersten vollen Woche waren es erst 600. Eine Ärztin, die am Sonnabend im Dienst war, beklagte im Gespräch mit meinem Kollegen Frank Bachner, sie habe den größten Teil ihrer Schicht mit Warten verbracht. Ihre These: Es werden nicht genug Leute eingeladen. Auch Czaja hat Probleme mit den Einladungen erkannt. An einigen Tagen der vergangenen Woche seien bis zu zehn Prozent der Leute mit Termin nicht erschienen. Man habe die Gesundheitsverwaltung darauf hingewiesen, deshalb werde nun bewusst etwas überbucht, um solche Lücken zu vermeiden. Nach Auskunft der Senatsgesundheitsverwaltung sollen in dieser Woche 800 bis 1000 Termine täglich vergeben werden.

Der limitierende Faktor sei aber der Impfstoff, betont Czaja, bisher habe man nur 600 Dosen pro Tag geliefert bekommen. Impfstoff sei wegen der Terminprobleme aber nicht verloren gegangen: Einerseits halte sich das aufgetaute Serum, bevor es in die Spritzen komme, bis zu drei Tage im Kühlschrank; andererseits verimpfe man am Ende eines Tages Reste an Beschäftigte aus dem Rettungswesen sowie Polizei und Bundeswehr, die im Impfzentrum eingesetzt seien. Czaja kann verstehen, dass der Impfstoff auf die mobilen Teams und mehrere Impfzentren aufgeteilt werden soll, hält aber auch eine entsprechende Auslastung jedes Zentrums für wichtig: Man müsse vermeiden, Kassenärzt*innen mehr als nötig in den Impfzentren zu binden, denn sie würden auch in ihren Praxen gebraucht.

An der Logistik und der Betreuung hatte übrigens auch die Ärztin nichts auszusetzen, die seien „ausgezeichnet“, sagte sie. Neben Rotem Kreuz und Bundeswehr trägt auch eine private Initiative dazu bei: Vor der Arena hat, wie Czaja erzählt, eine der Imbissbuden inzwischen wieder geöffnet. Der Nachschub an Currywurst und Pommes ist also gesichert.

  • „Der Impfstoff ist eine Diva“: Unser Redakteur Hannes Heine hat rekonstruiert, welche Probleme es zum Impfstart gab. Ein Angebot bei Tagesspiegel Plus: plus.tagesspiegel.de
  • Fragen und Antworten des Berliner Senats zum Impfen: berlin.de
  • Hinweise zum Impfzentrum in Treptow mit Informationen zur Anfahrt: berlin.de
  • Mit dem System überfordert? Die Volkssolidarität hilft bei der Terminbuchung und der Organisation der Anreise, für Marzahn-Hellersdorf unter Tel. 030/5253675. volkssolidaritaet-berlin.de
  • Auch die BVG bietet eine Fahrservice: Mit Kleinbussen geht’s zur Arena. tagesspiegel.de