Namen & Neues
Autokorso: Rückzieher des Bezirksamts, Drohung des Veranstalters
Veröffentlicht am 23.02.2021 von Paul Lufter
Das Bezirksamt hat eine Pressemitteilung zurückgezogen, in der Bezirksbürger*innenmeisterin Dagmar Pohle (Linke) einen Aufruf unterstützt hatte, Demonstrationen gegen die Corona-Regeln zu meiden. In dem Appell des Bündnisses für Demokratie und Toleranz Marzahn-Hellersdorf waren der Marzahner Abgeordnete Gunnar Lindemann als „AfD-Rechtsaußen“ bezeichnet und Teilnehmer*innen der Demonstrationen pauschal „dem rechten und rechtsoffenen Spektrum der Pandemie-Leugner*innen“ zugeordnet worden. Anfang Februar hatten wir im Newsletter dargelegt, dass Pohle vermutlich gegen das Neutralitätsgebot behördlicher Kommunikation verstieß, als sie die Mitteilung über die Bezirkswebseite teilte und als Bürgermeisterin unterstützte.
Während Lindemann sich zuvor noch für die „Werbung“ bedankt hatte, teilte die BVV-Fraktion der AfD zwei Wochen später mit, einen Anwalt eingeschaltet zu haben, damit der Bezirk die Mitteilung von seiner Website entferne. Dabei stellte Fraktionschef Werner Wiemann selbst die falsche Behauptung auf, die Demonstrationen würden in dem Aufruf neben Lindemann auch „weiteren AfD-Mitgliedern“ zugeordnet – tatsächlich wurde abgesehen von Lindemann niemand aus der AfD erwähnt, auch die BVV-Fraktion nicht.
Warum sich diese nun befugt sah, rechtlich gegen die Mitteilung vorzugehen, blieb offen. Pohle wollte es wohl nicht auf ein Gerichtsverfahren ankommen lassen – und ließ die Pressemitteilung des Bezirks von der offiziellen Website entfernen. Auch die Original-Mitteilung des Bündnisses für Demokratie und Toleranz ist inzwischen von dessen Website verschwunden, obwohl dieses ein zivilgesellschaftlicher Zusammenschluss ist und gerade keine Behörde ist, die der Neutralitätspflicht unterworfen wäre.
Die AfD sieht sich nun als „Partei des Grundgesetzes“, wie Fraktionschef Wiemann es in seiner jüngsten Mitteilung vom Freitag formulierte. Ungeachtet ihrer Neutralitätspflicht schien Pohle mit ihrer politischen Bewertung aber nicht so weit daneben zu liegen. „Wir fahren so lange, bis diese ganze Regierung vorm Weltgerichtshof steht und für ihre ganzen Verbrechen gerade stehen muss“, sagte einer der Veranstalter des wöchentlichen Autokorsos durch den Berliner Osten bei der Abschlusskundgebung am 5. Februar. Da könne die Kanzlerin ruhig „mit Panzern kommen“ oder ihn „erschießen“. Seine unverhohlene Drohung: „So lange werden wir diese Satansbrut jagen, bis sie ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.“ – Text: Ingo Salmen
Dieser Text stammt aus dem Tagesspiegel-Newsletter für Marzahn-Hellersdorf. Mehr davon? Gern: Alle 12 Tagesspiegel-Newsletter für Berlins Bezirke gibt es in voller Länge und kostenlos hier – leute.tagesspiegel.de
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