Namen & Neues
Die Abgeordnetenhauswahl: 70 Stimmen geben den Ausschlag
Veröffentlicht am 27.09.2021 von Ingo Salmen
Wie sich die große Politik auch im Kleinen niederschlägt, zeigen indirekt die Ergebnisse der Abgeordnetenhauswahl. Hier ist der Laschet-Faktor weg, der die CDU bei den Zweitstimmen für den Bundestag nach unten zog – und prompt legte die Partei zu. Sie verbesserte ihren Anteil um 3,6 Punkte auf 20,9 Prozent – Platz eins im Bezirk. Die SPD auf Platz zwei konnte ebenfalls zulegen, außerdem Grüne und FDP, auch wenn diese natürlich deutlich kleiner sind. Wie im Bund ging es auch auf Landesebene abwärts für AfD und Linke: Erstere fiel von 23,6 auf 16,2 Prozent (ein Minus von 7,4 Punkten), Letztere von 23,5 auf 17,9 Prozent (immerhin noch ein Minus von 5,6 Punkten).
Diese Entwicklungen spiegeln sich auch in den Direktmandaten: Die CDU räumt im Siedlungsgebiet ab und holt alle drei Wahlkreise im Süden des Bezirks – Katharina Günther-Wünsch wird die Czaja-Nachfolge für Mahlsdorf und Kaulsdorf-Süd antreten, Christian Gräff verteidigte (gegen Regina Kittler von der Linken) sein Mandat in Biesdorf und Marzahn-Süd, und Alexander J. Herrmann nahm Kristian Ronneburg von der Linken mit 27,9 gegen 18,6 Prozent das Direktmandat für Kaulsdorf-Nord und Hellersdorf-Süd ab. Die Büronachbarn vom Cecilienplatz waren auch 2016 schon gegeneinander angetreten – Ronneburg gewann, Herrmann kam nur auf Platz vier. Der Bezirksverordnetenversammlung wird er künftig nicht mehr angehören, die CDU muss sich einen neuen Fraktionsvorsitzenden suchen.
Der spannendste Wahlkreis war die Nummer 1 in Marzahn. Dort traten Familienstadtrat Gordon Lemm von der SPD und BVV-Fraktionschef Björn Tielebein von der Linken gegen Gunnar Lindemann an, der 2016 den Wahlkreis für die AfD gewonnen hatte und schnell ein exponierter Vertreter seiner Partei im Abgeordnetenhaus wurde. Zwischen den drei Kontrahenten entwickelte sich das vielleicht engste Rennen der ganzen Berlin-Wahl: Lange Zeit lag Lemm in der Auszählung knapp vor Lindemann und etwas deutlicher vor Tielebein, in der Nacht siegte der AfD-Politiker mit nur 70 Stimmen Vorsprung vor Lemm: 4049 zu 3979.
Es war einer der wenigen Erfolge, die die AfD an diesem Abend in Marzahn-Hellersdorf verbuchen konnte. Den zweiten sammelte Jeannette Auricht ein, die den Wahlkreis 3 in Hellersdorf gewann – wenn auch mit 22 Prozent 7,8 Punkte unter dem Ergebnis ihrer Vorgängerin Jessica Bießmann von 2016 und nur noch knapp vor Steffen Ostehr (Linke), der auf 20,7 Prozent kam – bei ähnlichen Verlusten für die Linke. Für die Linke bleibt in ihrer alten Hochburg nur ein Direktmandat: Manuela Schmidt, Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses, gewann mit 24,1 zu 23,4 Prozent den Wahlkreis 2 in Marzahn vor SPD-Kreischefin Iris Spranger, der Vorsprung betrug hier gerade 148 Stimmen. Beinahe wäre die Linke auch hier gescheitert.
Was am Montag noch offenblieb: Ob weitere Bewerberinnen und Bewerber aus Marzahn-Hellersdorf über die Landeslisten ins Berliner Parlament einziehen. Nach einer pannenreichen Wahl in der Hauptstadt teilte die Landeswahlleiterin mit, dass dieses Ergebnis erst am Dienstag verkündet werde.