Namen & Neues
Wahl-Pannen gab es auch in Marzahn-Hellersdorf
Veröffentlicht am 05.10.2021 von Ingo Salmen
Der größte Aufreger der vergangenen Woche waren die Pannen, die es am Wahltag in Berlin gegeben hatte. Auch Marzahn-Hellersdorf blieb davon nicht völlig verschont – auch wenn nach dem ersten Eindruck weniger schief lief als andernorts. Die größte Panne: In einigen Wahllokalen wurde zwischenzeitlich vergessen, den Stimmzettel für die Erststimme bei der Abgeordnetenhauswahl auszugeben. Dies sei bereits am Wahltag aufgefallen und danach sofort abgestellt worden, erklärte Bezirkswahlleiterin Katja Hannebauer auf Tagesspiegel-Anfrage. Wie viele Stimmberechtigte betroffen waren, konnte sie zunächst nicht sagen. Einer ersten Einschätzung zufolge handelte es sich um weniger als zehn Wahllokale.
Heikel könnte es werden, wenn der Wahlkreis 1 in Marzahn betroffen ist: Dort hatte AfD-Kandidat Gunnar Lindemann das Direktmandat mit nur 70 Stimmen Vorsprung vor Gordon Lemm von der SPD und mit 292 Stimmen vor Björn Tielebein von der Linken gewonnen. Eng ging es auch zwischen Manuela Schmidt (Linke) und Iris Spranger (SPD) mit 148 Stimmen Unterschied sowie zwischen Jeannette Auricht (AfD) und Steffen Ostehr (Linke) mit 299 Stimmen Unterschied zu. Sie schafften es auf die Liste der engsten Berliner Wahlkreise (die ganze Liste gibt es im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint).
Rechtlich gesehen ist nämlich nicht jeder Fehler von Belang, der Gesetzgeber hat durchaus einkalkuliert, dass ein so großes Ereignis wie eine Wahl nicht ohne Pannen abläuft. Problematisch wird es dann, wenn ein Fehler „mandatsrelevant“ ist, also zum Beispiel ein anderer Kandidat hätte gewinnen können, wenn dieser Fehler nicht passiert wäre. „Man muss sich das Ausmaß angucken“, sagt Hannebauer. Ob allerdings der Wahlkreis 1 betroffen ist, war zunächst unklar.
Mit elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist Hannebauer derzeit beschäftigt, routinemäßig alle Protokolle der Wahlvorstände zu überprüfen, um etwaigen Fehlern auf die Schliche zu kommen. Bei 166 Urnen- und 114 Briefwahllokalen kommen fast 300 „Niederschriften“, wie sie offiziell heißen, zusammen. Erst dann kann Mitte Oktober das amtliche Endergebnis festgestellt werden – das ist der normale Ablauf. Hannebauer konnte deshalb auch nur vorläufige Angaben zu Pannen machen.
Abgesehen von den Erststimmen-Stimmzetteln fürs Abgeordnetenhaus gab es zunächst jedoch keine Unregelmäßigkeiten in den Unterlagen. Neuauszählungen sind bislang nicht angesetzt. Von vertauschten oder fehlenden Zetteln wie in anderen Bezirken ist Marzahn-Hellersdorf offenbar verschont geblieben. Wobei Hannebauer es als normalen Vorgang beschrieb, dass Lokale am Wahltag zusätzliche Stimmzettel ordern müssen, wenn sie eine hohe Wahlbeteiligung verzeichnen – das lasse sich vorher nicht immer zuverlässig abschätzen. „Wenn wir gemerkt haben, die Zettel neigen sich dem Ende zu, haben wir nachgeliefert“, berichtete die Bezirkswahlleiterin. „Wir hatten ja auch nicht den Marathon.“
Etwa 600 bis 700 der fast 4000 Wahlhelfenden hatte das Wahlamt seit Ende August in Präsenz geschult, um sie auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Zudem gab es ein E-Learning-Tool. Verpflichtend sind die Schulungen nicht, weil es ein Ehrenamt ist. Es komme vor allem auf die Schlüsselfunktionen an, erklärte Hannebauer: Wahlvorstehende und Schriftführer. Eine Beschwerde kam am Wahltag von einem der Helfer selbst: Er meldete sich beim Wahlamt, berichtete Hannebauer, und beklagt, beschimpft worden zu sein – weil aufgrund der Corona-Regeln nicht so viele Leute gleichzeitig ins Wahllokal durften und es deshalb Schlangen gab. Das ist dann mal richtig Panne.
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