Namen & Neues

Neues Bezirksamt vorgestellt: „Vertrauen“ war das Wort des Tages

Veröffentlicht am 02.11.2021 von Johanna Treblin

Als die große Zählgemeinschaft von SPD, Linken, Grünen, FDP und Tierschutzpartei sich am Dienstagmittag der Presse präsentierte, versicherten die Vertreter:innen aller fünf Parteien, dass sie „vertrauensvolle Gespräche“ miteinander geführt hätten und sie „Vertrauen“ darin hätten, dass ihre Inhalte umgesetzt werden könnten.

Und so lässt sich die Vereinbarung, die alle fünf unterschrieben haben, auch lesen. Darin haben sie sich hauptsächlich darauf geeinigt, welche Partei welche Ämter in Bezirksamt und BVV erhalten soll, die Personalien Bürgermeister und Stadträtinnen wurden festgehalten und wie viele Ausschüsse es künftig geben soll. In der Präambel stehen aber auch ein paar inhaltliche Punkte: „Wir treten für eine offene Gesellschaft ein und stehen für eine transparente Politik“, beginnt der erste Satz. Kinderarmut wird benannt, Infrastruktur, Klimakrise und die Mobilitätswende. Die FDP hat das „freiheitliche“ Zusammenleben hineinredigiert, für die Tierschutzpartei gibt es den „Erhalt des Stadtgrüns“.

„Jeder Baum ist ein Beitrag zum Klimaschutz“, sagte so auch Tierschutzpartei-Vorsitzende Inka Seidel-Grothe und betonte, ihre Partei trage „Umwelt, Mensch und Tier“ im Namen, und die drei Sphären ließen sich auch nicht getrennt betrachten. Natürlich sei auch ihre Fraktion für einen Ausbau der Infrastruktur, für den Erhalt und Ausbau von Kiezkultur und für Bildung – beispielsweise Gartenarbeitsschulen und Schulgärten.

Auch Kristian Ronneburg, Bezirksvorsitzender der Linken, erklärte den Ausbau der Infrastruktur im Bezirk für das wichtigste Ziel, neben dem Wohnungsbau und den „großen Herausforderungen“ in Marzahn-Hellersdorf wie der Tangentialverbindung Ost und dem geplanten Kombibad. Auch dabei habe man „einen gemeinsamen Nenner gefunden“, versicherte er. Juliane Witt, ebenfalls Linke und bisher Stadträtin für Kultur und Facility Management, solle als Stadträtin die ökologische Stadtentwicklung voranbringen: Mehr Nahverkehr, mehr Radwege seien wichtige Ziele, aber immer unter dem Aspekt der sozialen Verträglichkeit.

Anne Thiel-Klein von den Grünen kündigte die Ausarbeitung eines Klimaaktionsplans und die Gründung eines Klimarates an und nannte die Unterstützung von Alleinerziehenden als Schwerpunkt sowie die Einrichtung eines Regenbogenzentrums für die queere Community, „damit sich alle Marzahn-Hellersdorfer:innen hier willkommen fühlen“.

Ungewöhnlich wirkt zunächst, dass die FDP das Bündnis ergänzt. Doch auch der Bezirksvorsitzende Roman-Francesco Rogat erklärte, es gebe viele Gemeinsamkeiten mit den anderen Parteien, er sei sich sicher, dass mit diesem Bündnis das beste für alle Marzahn-Hellersdorfer:innen herausgeholt werden könne. Und ergänzte: „Das ist die liberalste Zählgemeinschaft, die es in Marzahn-Hellersdorf je gab.“

Über die CDU, die sich im Vorhinein beschwert hatte, dass sie außen vor gelassen werde, keine wichtigen Posten erhalte und nicht mitbestimmen könne, welche Stadtratsposten sie erhalte, stellte SPD-Kreisvorsitzende Iris Spranger klar, dass die SPD „natürlich“ mit der CDU gesprochen habe, aber im jetzigen Bündnis mehr Gemeinsamkeiten entdeckt habe. Die CDU erhalte zudem zwei wichtige Ämter und werde auch den oder die stellvertretende:n Bürgermeister:in stellen.

Die neue Aufteilung der Stadtratsämter ist folgendermaßen vorgesehen:

Gordon Lemm (SPD): Bürgermeisteramt und Bürgerdienste
Nicole Bienge (SPD): Jugend und Gesundheit
Juliane Witt (Linke): Stadtentwicklung, Straßen- und Grünflächenamt, Umwelt und Naturschutz
Nadja Zivkovic (CDU): Soziales
Torsten Kühne (CDU): Schule und Sport (er war bisher Schul- und Sportstadtrat in Pankow)
Birgit Malsack-Winkemann (AfD): Ordnungsamt

Gewählt wird am Donnerstag, dann konstituiert sich auch die Bezirksverordnetenversammlung. Die drei großen Parteien im Bündnis, SPD, Linke und Grüne, wollen über die „Vereinbarung zum Abschluss einer Zählgemeinschaft“ hinaus in den nächsten Wochen noch eine inhaltliche Vereinbarung zur Zusammenarbeit für die kommenden fünf Jahre treffen.

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