Namen & Neues

Frauenprojekte fordern Regelfinanzierung

Veröffentlicht am 30.11.2021 von Johanna Treblin

Ein Dinosaurier ziert das Transparent, das zwei Frauen zwischen sich tragen. „Finanzierung der Frauenprojekte vom Aussterben bedroht?“ steht darauf. Auf einem anderen: „Regelfinanzierung jetzt!“ Rund 150-200 Menschen stehen nach Schätzungen des Frauenzentrums Ewa im Prenzlauer Berg vor dem Roten Rathaus in Berlin, viele von ihnen tragen Transparente mit sich, darunter auch dieses: „Femizid ist Mord! Nein zu Gewalt gegen Mädchen/Frauen“. Die Fotos hat Ewa auf Twitter gepostet. Ich selbst konnte leider nicht nur Kundgebung gehen.

Es ist der 25. November, Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen. Mehrere Initiativen und Einrichtungen, die sich um Frauen kümmern, die Gewalt erfahren haben oder anderweitige Unterstützung benötigen oder die Rückzugsräume für Frauen sind, haben zu einer Demonstration vor das Rote Rathaus geladen. Sie fordern eine Dauerfinanzierung für Frauenprojekte.

Der Hintergrund: Sie sind von massiven finanziellen Kürzungen bedroht. Das betrifft vor allem Anti-Gewalt-Projekte, wie es in einer Mitteilung heißt. Darunter ist auch das Frauenzentrum Matilde in Marzahn-Hellersdorf. „Anti-Gewalt-Projekte, Frauen*Organisationen und feministische Zentren leisten seit Jahrzehnten essenzielle Arbeit für das Funktionieren unserer Gesellschaft“, so die Organisatorinnen. In der Corona-Pandemie sei der Bedarf an Beratungen massiv gestiegen, zum Beispiel um 22 Prozent bei dem Verein Eulalia Eigensinn. Die Gewaltschutzambulanz der Charité habe in der Zeit 30 Prozent mehr Fälle von Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder verzeichnet.

Und dennoch sollten im nächsten Haushalt des Landes Berlin 20 bis 30 Prozent weniger Gelder an diese Frauenprojekte gehen, wie im Juni bekannt wurde. Nach Protesten kündigte die Senatsverwaltung für Gleichstellung an, vorläufige Bescheide erstellen zu wollen, die keine Kürzungen mehr enthielten, wie das „neue deutschland“ berichtete. Das gilt allerdings erstmal nur, bis der neue Haushalt beschlossen wird. Das kann bis zum Frühjahr dauern – bis dahin ist unsicher, wie es weitergeht.

Für das Frauenzentrum Matilde heißt das: Von den 284.025,50 Euro, die es beantragt hat, soll es lediglich 240.000 erhalten. „Das betrifft eine Vollzeitstelle“, sagt mir Carola Kirschner, die Leiterin der Einrichtung, am Telefon. Damit könne dann auch eine Zufluchtwohnung weniger betrieben werden. Zwar hat auch die Matilde ein Schreiben bekommen, dass die Kürzung hinfällig sei. Doch ein Zuwendungsbescheid sei noch nicht eingegangen. Wie viel Geld das Zentrum im Jahr 2022 bekommen soll, weiß Kirschner also nicht.

Das Berliner Frauennetzwerk fordert zudem, dass nicht nur die Kürzungen zurückgenommen werden, sondern dass im Gegenteil mehr Gelder zur Verfügung gestellt werden, schließlich seien die Projekte chronisch unterfinanziert. Und das Netzwerk fordert eine Dauerfinanzierung statt der Projektfinanzierung, die oft nur ein oder zwei Jahre anhält.

Kirschner sagte mir dazu: „Seit ich in der feministischen Arbeit tätig bin, kämpfen wir darum, dass es endlich Planungssicherheit gibt.“ Also seit Jahrzehnten.

Wie prekär die Lage der Frauenorganisationen ist, demonstriert ein Tweet des Accounts frauenprojektesichern anlässlich der Demonstration: „Trauriger Fun-Fact, das Plakat mit dem Dino („Frauenprojekte vom Aussterben bedroht?“) ist schon über 20 Jahre alt, aber die Message so aktuell wir damals. Wir brauchen endlich eine dauerhafte Absicherung für unsere Arbeit! #femprojektesichern“.

  • Foto: Ewa-Frauenzentrum