Namen & Neues
Kein Zeitplan für Fertigstellung der TVO
Veröffentlicht am 24.01.2023 von Johanna Treblin
Die Tangentialverbindung Ost, kurz: TVO, soll die Berliner Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick besser miteinander verbinden und kleinere Straßen in den Stadtteilen entlasten. Das Ziel: Lärm, Luftverpestung und Staus reduzieren.
Aber wann? Die Frage blieb am Montagabend unbeantwortet. Eingeladen hatte das Bündnis ProTVO, zu dem sich im Mai 2021 Politik, Wirtschaft und Anwohner:innen zusammengeschlossen hatten. Mit dabei waren am Montagabend im Innovationszentrum Wuhlheide in Köpenick auch die Bezirksbürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Lichtenberg, Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) sowie Meike Niedhal, Staatssekretärin und Adam Lutz, zuständiger Abteilungsleiter in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.
Letztere verkündeten: Das Planfeststellungsverfahren für das Straßenprojekt TVO soll im Juli starten. Einen Zeitplan für den Baubeginn und -abschluss wollten sie nicht nennen – unter anderem, weil sie davon ausgehen, dass es viele Klagen gegen den Bau geben wird, die die Realisierung weiter verzögern.
„Im Juni liegen alle notwendigen Unterlagen vor„, kündigte Adam an. Derzeit gebe es finale Absprachen mit den Wasserbetrieben zur Entwässerung, da Regenwasser nicht mehr einfach versickern dürfe, sondern aufgefangen und genutzt werden müsse. Daneben gebe es finale Arbeiten an den Kabeltrassen.
Stadtentwicklungssenator Geisel nannte die TVO das „bedeutendste Stadtentwicklungsprojekt im Osten Berlins“. Auch er wollte keinen Zeitplan nennen – und deutete an, dass sich der Bau der Nahverkehrstangente sogar noch weiter nach hinten verschieben könnte: „Wir müssen die Kraft haben zu sagen, das kann auch nacheinander kommen.“ Ansonsten sei der zu bewältigende Aufwand noch größer.
Der Marzahn-Hellersdorfer Bezirksbürgermeister Gordon Lemm (SPD) sagte, die Bedeutung der TVO für den Berliner Osten könne man allein daran sehen, dass im Bündnis alle demokratischen Parteien vertreten seien. Wichtig sei für die Anwohner, dass an ausreichend Lärmschutz gedacht werde, Querungen möglich seien und es keinen Verkehrskollaps gebe. Lemm hatte auch eine am Montag vorgelegte Resolution unterzeichnet, in der das Bündnis die „zügige Realisierung“ vom Senat fordert. Auch 2021 hatte das Bündnis eine solche Resolution vorgelegt.
Kritisch äußerten sich Vertreter des Verbands Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) aus Biesdorf und Mahlsdorf, die Stadtteile von Marzahn-Hellersdorf, die besonders vom Straßenbau – und der Entlastung – betroffen sein werden. „Die Hoffnung, dass das Planfeststellungsverfahren im dritten Quartal beginnt, kann ich nicht teilen“, sagte Klaus-Jürgen Velke vom VDGN Biesdorf. Er fürchte, durch die Wiederholungswahlen würden sich die Verwaltungszuschnitte wieder ändern, der „Apparat“ werde „umgewürfelt“ und die Arbeit in den Fachabteilungen verzögerten sich.
Während auf dem Treffen Einigkeit herrschte, sehen Umweltverbände den Bau der TVO seit Jahren mit Skepsis. Auf Nachfrage sagte Tilmann Heuser, Geschäftsführer das Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am Dienstag dem Tagesspiegel, positiv sei an den derzeitigen Planungen, dass der Biesenhorster Sand – ein Naturschutzgebiet – im Vergleich zu früheren Planungen „deutlich verschont“ bleiben. Alles andere sieht er kritisch. Im Konkreten unter anderem, dass der TVO-Abschnitt nun vier- statt nur zweispurig werden soll und die Kosten „explodiert“ seien.
„Wir lehnen die TVO nicht per se ab.“ Er habe Verständnis für die Anwohner:innen, die sich Entlastung wünschen. Aber man müsse sich grundsätzlich fragen, wie der Verkehr im Jahr 2040 oder 2050 aussehen wird, und ob man dann die TVO tatsächlich noch brauche. „Es gibt dort eine komplexe Problemlage. Dafür muss ein nachhaltiges, klimagerechtes Verkehrskonzept entwickelt werden.“ Generelles Ziel sei aber: „Weniger Pkw und leisere Pkw“. Nun müssten zügig Investitionen bereitgestellt werden, um den ÖPNV in den Außenbezirken erheblich auszubauen.
- Grafik: Tagesspiegel/Rita Böttcher. Quelle: SenUV
- Simulation: Kob und Ripke/Promo