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Offener Brief von Eltern an Senat: Grundschulen mit fast doppelt so vielen Schüler:innen wie Plätzen

Veröffentlicht am 07.02.2023 von Johanna Treblin

„Wir haben sechs Grundschulen in Mahlsdorf und Kaulsdorf, und die sind schlimm überbelegt“, sagt Reinhard Lau. Er ist Gesamtelternsprecher – also zuständig für die gesamte Schule – der Mahlsdorfer Grundschule. Die Gesamtelternsprecher:innen aller sechs Grundschulen in den beiden Stadtteilen haben einen Offenen Brief an die Senatsbildungsverwaltung geschrieben. Sie prangern an, dass es auch im kommenden Schuljahr zu wenige Schulplätze geben wird.

Besonders betroffen sind die Friedrich-Schiller-Schule und die Kiekemal-Grundschule, beide in Mahlsdorf. Die Friedrich-Schiller-Grundschule hat im laufenden Schuljahr 93,8 Prozent mehr Schüler:innen als Kapazitäten vorhanden sind. Bei der Kiekemal-Grundschule sind es 90 Prozent mehr. Im kommenden Schuljahr sollen es bei ersterer Schule „nur“ noch 72,9 Prozent zu viel sein, bei zweiterer wächst die Überbelegung auf 95 Prozent.

Dadurch fehle es an Lehrer:innen, Räumen, aber auch Tafeln, Stühlen und Tischen, beklagen die Elternvertreter:innen in ihrem Brief. Das führe zu sogenannten „Lückenplatzkindern“, die auf dem Flur unterrichtet werden müssten. Es gebe zu wenige Toiletten für alle Kinder, die Rettungswege würden behindert, es komme zu mehr Lärm und Aggressionen. Der Krankenstand unter Lehrer:innen sei erheblich. Und manche Kinder müssten bis zum Nachmittag auf das Mittagessen warten, weil in den Kantinen nur etappenweise gegessen werden könne.

„Wir brauchen noch eine Schule“, sagt Reinhard Lau am Telefon. Das gelte zusätzlich zur Elsenschule, die Ende 2024 bezugsfähig werden soll. Da Schulen nicht von heute auf morgen gebaut werden können, fordern die Eltern für die Übergangszeit mobile Klassenräume, die auf den Schulhöfen aufgestellt werden können, sowie weitere „schulnahe“ Räume. Auch jetzt würden Kinder schon in Bussen in andere Räume gebracht, teilweise müssten Erstklässler aber acht Kilometer weit fahren, viel zu weit, findet Lau, der auf Vorschlag der CDU auch als sogenannter Bürgerdeputierter im bezirklichen Schulausschuss sitzt.

Für Freitagabend haben die Eltern Schulsenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) zur Fuchsberg-Grundschule zu einem Gespräch eingeladen. Ein Sprecher der Bildungsverwaltung sagte mir auf Anfrage, dass die Schulplatzvergabe und -planung in den bezirklichen Bereich falle. Dennoch arbeite die Senatsverwaltung „mit aller Kraft daran, bei der Planung und Realisierung zusätzlicher Schulplätze weiter voranzukommen“. Übergangsphasen mit hoher Auslastung „müssen wir kurzfristig leider in Kauf nehmen“.

Als Reaktion auf den Brandbrief haben die Bezirks-Fraktionen von Linken, Grünen und SPD die Elternvertreter:innen für diesen Donnerstag zu einem Zoom-Treffen eingeladen, um die Probleme zu besprechen. Die Linken-Bildungspolitikerin Regina Kittler sagte mir am Telefon: „Die Hälfte der im offenen Brief angesprochenen Themen betreffen den Bezirk.“ Gleichzeitig wunderte sie sich, dass sie viele der angesprochenen Probleme bisher nicht kannte, obwohl sie wie Reinhard Lau im Schulausschuss sitzt.

Kittler hat daher eine „offene Anfrage“ an Schulstadtrat Torsten Kühne (CDU) geschickt, in der sie um Information zur Überbelegung, zu fehlenden Ressourcen wie Tafeln, Tischen und Stühlen, sowie zum Pendeln von Schüler:innen bittet. Zudem fragt sie, ob Schüler:innen tatsächlich „auf dem Boden“ sitzen.

Auf Anfrage des Tagesspiegels sagte Kühne, er verstehe die wachsende Ungeduld der Elternvertreter sehr gut. „Aktuell bauen wir den steigenden Schülerzahlen noch hinterher. Erst ab kommenden Schuljahr 2023/24 werden wir jedes Schuljahr mindestens eine komplette Neubauschule und zwei bis drei Ergänzungsbauten in Nutzung nehmen können.“ Der Bezirk tue alles dafür, dass die Maßnahmen schnellstmöglich umgesetzt werden. Kühne sagte weiter, er verstehe den offenen Brief auch als Appell an die Landesebene, „dass die Schulbauoffensive keinesfalls verlangsamt oder gebremst werden darf. Im Gegenteil“.