Namen & Neues

Marzahn-Nord in AfD-Hand

Veröffentlicht am 13.02.2023 von Johanna Treblin

Marzahn-Nord am Sonntagmittag: Die AfD wirbt massiv an vielen Laternen mit ihrem Direktkandidaten Gunnar Lindemann, auf ihren Plakaten fordert sie mehr Abschiebungen und fabuliert vom „Asylbetrug“. Auch Wahlplakate der Linken sind weit verbreitet, „Menschen vor Profite“ heißt es auf den meisten. Von anderen lächelt den Passant:innen Direktkandidat Bjoern Tielebein entgegen. Die Jusos mahnen vereinzelt: „Rechts wählen ist so 1933“.

Die CDU beschränkt sich auf ein paar große Standplakate, vereinzelt sieht man die Querdenken-Partei die Basis und die NPD. Auch Plakate von SPD-Direktkandidat und dem aktuellen Bezirksbürgermeister Gordon Lemm sind nicht sehr verbreitet.

Marzahn-Nord war lange eine Hochburg der Linken. Doch schon 2016 holte hier, im Marzahn-Hellersdorfer Wahlkreis 1, Lindemann für die AfD das Direktmandat für das Abgeordnetenhaus. 2021 ging es wieder an ihn. Allerdings: Zwischen den drei Kontrahenten Lindemann, Lemm und Tielebein entwickelte sich das vielleicht engste Rennen der ganzen Berlin-Wahl: Lange Zeit lag Lemm in der Auszählung knapp vor Lindemann und etwas deutlicher vor Tielebein, in der Nacht siegte der AfD-Politiker mit nur 70 Stimmen Vorsprung vor Lemm: 4049 zu 3979. 293 Stimmen trennten Lindemann und Tielebein.

Doch der Wahlkreis 1 war einer derjenigen mit so vielen Pannen, dass recht bald deutlich wurde, dass mindestens hier wohl noch einmal gewählt werden müsste: Unter anderem wurde zu Beginn vergessen, Stimmzettel für die Erststimme bei der Abgeordnetenhauswahl auszugeben. Erst nachdem bereits 500 Menschen gewählt hatten – aber eben keine:n Direktkandidat:in – fiel das auf, und die Stimmzettel wurden nachgeliefert.

Das Ergebnis hätte also ganz anders aussehen können. Lindemann hätte mit größerem Abstand das Direktmandat holen, Lemm hätte ihn aber auch ablösen können. Oder Tielebein hätte das Mandat geholt.

Man wird nie erfahren, wie es hätte ausgehen können. Die Wiederholungswahl hat neue Ergebnisse gebracht – aber auch unter komplett anderen (welt-)politischen Vorzeichen.

Mit Abstand hat Lindemann das beste Ergebnis eingefahren. 28,8 Prozent der Stimmen gingen an den AfD-Politiker, 22 – eine große Überraschung – an Medina Schaubert von der CDU. Wieder auf dem dritten Platz landete Tielebein mit 18,3 Prozent der Stimmen. Lemm kam auf 17,3 Prozent. Er hatte allerdings im Vorfeld auch deutlich gesagt, das Mandat nicht annehmen zu wollen, da er Bezirksbürgermeister bleiben möchte. Ob das nun klappt, ist noch offen.

Ein weiteres Direktmandat holte die AfD mit Jeannette Auricht, die auch Spitzenkandidatin der AfD im Bezirk war. Sie trat gegen Steffen Ostehr (Linke) und Nicole Bienge (aktuell SPD-Gesundheitsstadträtin) an. 2021 lagen alle etwa gleichauf mit rund 20 Prozent der Stimmen (AfD 22). 2023 kam Auricht auf 25,0 Prozent, Ostehr auf 17,1 und Bienge auf lediglich 15,5 Prozent. Auch hier war der Kandidat der CDU – Andrej Eckhardt – Zweitplatzierte

Die CDU holte auch in weiteren Wahlkreisen gute Ergebnisse. Im Wahlkreis 2 luchste sie das letzte Direktmandat der Linken ab. Manuela Schmidt (20,2 Prozent) war bis dahin eine sichere Kandidatin gewesen. Olga Gauks (25,5 Prozent) überflügelte dort auch die aktuelle Innensenatorin Iris Spranger (SPD, 19 Prozent).