Namen & Neues
Wie es jetzt weitergeht
Veröffentlicht am 13.02.2023 von Johanna Treblin
Und jetzt? Auf Landesebene beansprucht die CDU den Posten des Regierenden Bürgermeisters ganz klar für sich. Auf Bezirksebene sieht das – trotz des guten Wahlergebnisses der CDU in Marzahn-Hellersdorf – etwas anders aus.
Im Februar fällt die Sitzung in der BVV erst einmal aus. Das Abgeordnetenhaus tagt zum ersten Mal wieder in neuer Zusammensetzung am 16. März. Angelehnt an das Verfahren zu Beginn einer Wahlperiode, sollen die BVV-en erst nach Zusammentritt des AGH ihre erste Sitzung in neuer Zusammensetzung abhalten, erklärte mir Steffen Ostehr, Vorsteher der BVV Marzahn-Hellersdorf, noch vor der Wahl.
Nach Vorgabe der Innenverwaltung sollen Ausschüsse und Co. neu besetzt werden. Die Fraktionen sollen ihre Funktionen und Gremien neu wählen oder bestätigen.
Und Bezirksbürgermeister und Stadträt:innen? Aktuell stellt die SPD den Bezirksbürgermeister, obwohl sie 2021 mit 0,5 Prozentpunkten hinter der erstplatzierten CDU lag. Mit Nicole Bienge hat die SPD eine weitere Stadträtin. Auch die CDU stellt zwei Stadträt:innen, die Linke eine. Der AfD steht ebenfalls ein Stadtrat zu, der wird allerdings seit über einem Jahr nicht gewählt.
Nach der Wiederholungswahl hat die CDU 19 Sitze in der BVV, die AfD 12, die SPD 10, die Linke 9, die Grünen 3. Die Tierschutzpartei erhält zwei Sitze, und die FDP ist nicht mehr in der BVV vertreten. Das würde theoretisch bedeuten: Drei Stadträt:innen für die CDU und je eine:r für AfD, SPD und Linke.
Doch das bisherige Bezirksamt kann nach aktueller gesetzlicher Lage im Amt bleiben. Das liegt an ihrer besonderen Stellung in der Berliner Verwaltung. Sie werden zwar von den Bezirksverordnetenversammlungen mit einfacher Mehrheit gewählt, dann aber für fünf Jahre als sogenannte Wahlbeamte ernannt. Abgewählt werden können sie nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Die hat die CDU in Marzahn-Hellersdorf nicht.
So lehnte auch Bezirksbürgermeister Gordon Lemm (SPD) vor der Wahl einen freiwilligen Rücktritt mit dem Argument ab, dass dies rechtlich nicht möglich sei. Dem widersprach allerdings der Bezirksverwaltungsexperte Peter Ottenberg gegenüber meinem Kollegen Daniel Böldt: „Beamtenrechtlich handelt es sich um einen Antrag auf Entlassung aus dem Dienstverhältnis, der gegenüber der zuständigen Dienstbehörde zu stellen ist.“
Und mit so einem großen Abstand zwischen SPD und CDU hatte auch niemand im Vorfeld der Wahl gerechnet. Ganz so überschwänglich wie noch am Abend nach der Wahl, als sie das Amt der Bezirksbürgermeisterin für sich beanspruchte, will sich Nadja Zivkovic am Montagmittag nicht mehr äußern. Die Bezirks-CDU werde sich im Laufe des Montags zusammensetzen und das weitere Vorgehen besprechen.
„Wir haben uns gestern alle sehr gefreut“, sagt sie über das Ergebnis. „Wir nehmen das Ergebnis demütig an und werden mit allen demokratischen Parteien Gespräche führen“ – also nicht mir der AfD. „Dabei möchte ich mitgestalten.“ Dazu sei aber auch eine landesweite Lösung notwendig, „um ein für alle Beteiligten faires Verfahren zu entwickeln“. Die CDU habe bereits einen Vorschlag gemacht, wie das Gesetz entsprechend geändert werden könnte.
Der aktuelle Bezirksbürgermeister Gordon Lemm (SPD) will sich zum weiteren Vorgehen noch nicht klar äußern. In seiner Funktion als SPD-Kreisvorsitzender gratulierte er der CDU zu ihrem „sehr starkem Abschneiden“ im Land und im Bezirk. Auf Anfrage des Tagesspiegels sagte er: „Was dieses Ergebnis jetzt für den Bezirk und die weitere Zusammenarbeit bedeutet, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Dazu führen wir sowohl parteiinterne Gespräche als auch Gespräche mit allen demokratischen Kräften der BVV, als erstes jedoch mit unseren Koalitionspartner:innen von Linke und Bündnis 90 / Die Grünen.“
„Das Ergebnis spricht eine deutliche Sprache“, sagte der bezirkliche Linken-Vorsitzende Kristian Ronneburg. Die Linke hatte bisher als Drittplatzierte eine Art Koalition mit SPD und Grünen gebildet. Nun erreichte sie den vierten Platz. „Man muss den Wählerwillen akzeptieren.“ Und das müsse sich im Bezirksamt auch abbilden. Die Linke werde nun aber erst einmal mögliche Gesprächsangebote abwarten.
Max Linke ist Sprecher der Bezirksgrünen. Seine Partei hat in der BVV im Vergleich zu 2021 einen Sitz verloren und ist jetzt nur noch mit drei Sitzen vertreten. Auch er sieht es angesichts der verschobenen Mehrheitsverhältnisse als „demokratisch schwierig“ an, wenn das Bezirksamt mit den Ergebnissen von 2021 weiterarbeitet. Allerdings müsse eine gemeinsame, landesweite Lösung gefunden werden.
Die Grünen würden nun darauf warten, dass man ihnen Gespräch anbiete. „Wir reden mit allen demokratischen Parteien“, also allen, außer der AfD. Ziel müsse ein Bündnis sein, das Marzahn-Hellersdorf „grüner und gerechter“ macht und das Gemeinsamkeiten sucht und Spaltungen entgegenwirkt.