Namen & Neues

Nur zehn Prozent gelernte Lehrkräfte

Veröffentlicht am 19.09.2023 von Dominik Lenze

Marzahn-Hellersdorf musste zum Schuljahr 2023/24 offenbar fast alle neuen Stellen für Lehrerinnen und Lehrer mit Seiteneinsteigern besetzen. Laut Vorabdaten, die Ex-Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) auf Twitter veröffentlichte, wurden in Marzahn-Hellersdorf nur zehn Prozent der freien Stellen mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften besetzt und weitere zehn Prozent mit Quereinsteigern. Rund 80 Prozent waren demnach „Seiteneinsteiger“.

Dem Tagesspiegel liegt eine Übersicht aus Marzahn-Hellersdorf vor, wonach eine Schule bereits nur noch über 50 Prozent voll ausgebildete Lehrkräfte verfügte. Etliche weitere lagen bei einem Anteil von 60 bis 70 Prozent. Im Schnitt kamen die Schulen von Marzahn-Hellersdorf nur noch auf 80 Prozent Lehrkräfte mit Lehramtsstudium. Schwer wiegt, dass außerdem im Schnitt zehn Prozent der Stellen gar nicht besetzt waren. Die Statistik für das gerade begonnene Schuljahr wird erst im November veröffentlicht.

Unter dem unpräzisen Begriff „Seiteneinsteiger“ verbergen sich so genannte „sonstige“ Lehrer, deren Qualifikation nicht für den Quereinstieg reicht, sowie Studierende und Pensionäre. Die Bildungsverwaltung teilte dem Tagesspiegel mit, sie könne Rackles’ Zahlen „derzeit nicht bestätigen, weil die Daten noch nicht final errechnet vorliegen“.

Mit einer Image-Kampagne hatten Schulen aus dem Bezirk noch vor wenigen Wochen um Lehrkräfte geworben. Denn auf dem Markt der Lehrkräfte herrscht im Land Berlin Konkurrenz zwischen den Bezirken: Anders als in den meisten anderen Bundesländern können angehende Lehrer und Lehrerinnen in Berlin wählen, wo sie unterrichten möchten. Eine „Lehrkräftezuweisung“, wie in anderen Bundesländern, gibt es nicht mehr. Als schwierig geltende Bezirke haben so das Nachsehen. 

Marion Hoffmann, Co-Vorsitzende der SPD in Marzahn-Hellersdorf, ist überzeugt, dass man hier den Hebel anlegen müsste, und zwar dringend: “Mit Aufhebung der Lehrkräftezuweisung im Land Berlin werden die Bildungsunterschiede in der Hauptstadt verstärkt. Von der neuen Regelung der Bildungsverwaltung profitieren lediglich als unproblematisch wahrgenommene Regionen und Bezirke”, sagt sie. Die SPD aus dem Bezirk fordere den Senat auf, “diese Fehlentwicklung zu beenden: “Wir müssen die gewaltige Kluft zwischen bildungs-reichen und bildungs-armen Berliner Gegenden verringern, indem wir in Extremfällen die Schulaufsichten wieder ermächtigen, Lehrkräfte bestimmten Schulen zuzuweisen, das heißt also, die freie Schulwahl zu begrenzen”, so Hoffmann.

  • Text mit Susanne Vieth-Entus
  • Lesen Sie hier, wie die Lage an den Schulen in anderen Bezirken ist.