Namen & Neues
Fraktionsübergreifende Anträge gegen häusliche Gewalt
Veröffentlicht am 21.11.2023 von Dominik Lenze
“Alle drei Sekunden umdrehen nachts im Dunkeln”, so lautet eine Zeile in einem Song der Sängerin Paula Hartmann. Die Zeile verdeutliche die alltägliche Gegenwart von geschlechtsbezogener Gewalt für Frauen, führte Grünen-Fraktionschefin Chantal Münster in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am vergangenen Donnerstag (16. November) aus. Um auf das Thema häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt aufmerksam zu machen und einen niedrigschwelligen Zugang zu Hilfsangeboten zu bieten, schlug die Grünen-Fraktion vor, eine Rote Bank aufzustellen: Auf dieser soll es Hinweise zum Thema und einen QR-Code-Link zu Beratungsangeboten geben. Es war einer von mehreren Beiträgen zu dem Thema auf der vergangenen BVV-Sitzung.
Grüne, SPD, Linke und CDU haben zwei Anträge gemeinsam eingereicht. In dem ersten fordern die Fraktionen das Bezirksamt auf, sich beim Senat für landesweit einheitliche Dienstanweisungen im Umgang mit Betroffenen einzusetzen. Sprich: Mitarbeitende der Ämter in ganz Berlin sollen auf denselben Kenntnisstand gebracht werden, was ein angemessener Umgang mit Opfern von häuslicher Gewalt ist. Im Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf gibt nach Angaben von Bezirksbürgermeisterin Nadja Zivkovic (CDU) bereits vergleichbare Dienstanweisungen. “Aber aus unserer Sicht ist es notwendig, dass nicht ein Flickenteppich von zwölf verschiedenen Bezirksanweisungen entsteht”, sagte Grünen-Fraktionschefin Münster. “Es soll endlich Klarheit im Umgang mit Betroffenen herrschen”, so Münster.
Der zweite Antrag betraf die Öffentlichkeitsarbeit zu Hilfsangeboten. Projekte, die sich für die Ziele der Istanbul-Konvention engagieren, sollten aktiv miteinander vernetzt werden. Über die Angebote müsse niedrigschwellig und barrierefrei informiert werden, führte Münster aus. Die derzeitige Unübersichtlichkeit der öffentlichen Auftritte sei nicht angemessen für Betroffene. Sich darum zu kümmern, könnte eine Aufgabe der neu ausgeschriebenen Stelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention sein, sagte Münster.
Die Istanbul-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der am 1. August 2014 in Kraft getreten ist. Das “Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt” verpflichtet die Unterzeichnerstaaten unter anderem, offensiv gegen psychische, körperliche und sexuelle Gewalt sowie sexuelle Belästigung vorzugehen. Fast alle europäischen Länder haben den Vertrag unterzeichnet und ratifiziert.“
Um Gewaltbetroffene dabei zu unterstützen, rasch in eine sichere, eigene Wohnung zu kommen, ist ein dritter Antrag eingereicht worden. Das Bezirksamt soll demnach alle Möglichkeiten prüfen, bei Wohnungsneubauvorhaben durch private und öffentliche Träger einen gewissen Prozentsatz der zu bauenden Wohnungen vorzuhalten für Betroffene von häuslicher oder geschlechtsspezifischer Gewalt. Frauen, die aus gewaltvollen Beziehungen fliehen, seien oft Stigmatisierungen ausgesetzt und hätten deshalb bei der Wohnungssuche schlechtere Chancen, erklärte Münster. Diesem Antrag schloss sich die CDU nicht an. Fraktionschef Johannes Martin empfahl in der BVV, diesen Antrag im Ausschuss für Stadtentwicklung noch zu diskutieren. Die BVV folgte der Empfehlung.
Der Antrag auf verbesserte Öffentlichkeitsarbeit der Angebote wurde einstimmig angenommen. Der Antrag darauf, dass das Bezirksamt beim Land einheitliche Dienstanweisungen anregt, wurde mit Mehrheit beschlossen. Auch die von den Grünen geforderte Rote Bank wurde mehrheitlich beschlossen.